Dienstag, 13. Januar 2015

Steck, Stangl, Kammerlander, Cesen etc., sind "faked summits" eine Folgeerscheinung im modernen Alpinismus?

Der Mt McKinley, auch Denali genannt von Westen, Foto: walter laserer

Uelli Steck hat den Gipfel der Annapurna nach der Südwand nicht erreicht.....

Christian Stangl war nicht am Gipfel des K2.....

Hans Kammerlander war nur auf einem Vorgipfel des Mt. Logan.....

Tomo Cesen hat den Gipfel des Lhotse nicht über die Südwand erreicht....


In regelmäßigen Abständen erschüttern Schlagzeilen, wie obig erwähnte die "Alpinszene". Diese  beklagt quasi einen Verfall der "Sitten". Offenbar meinen viele Bergsteiger, dass eben die Freizeitbeschäftigung mittels Bergsteigen auch den Charakter der Akteuere "bilden" würde. Dass also, so wird oft argumentiert, Bergsteiger überaus korrekte Menschen seien, die einem "höheren Ehrenkodex" verhaftet seien. Die "modernen" Sitten, Sponsoren, Vermarktung und Internet und überhaupt Geld, würden also den Charakter verderben. Früher hätte es sowas nicht gegeben, da waren die Bergsteiger noch bescheiden und "edel".

Oder ist etwa das Gegenteil der Fall: Sind die Bergsteiger nur ein Spiegel der Gesellschaft, eine kleinere Unterordnung also, in der es - genauso wie in der gesamten Gesellschaft auch - eben "bessere" und eben auch "schlechtere" Menschen gibt. Durch den gewaltigen "Outdoor boom" nimmt natürlich auch die Zahl der Bergsteiger zu, und damit auch die absolute Zahl der "Probleme".

Welche der zwei Theorien stimmt nun, oder ist halt wahrscheinlicher?

Wie schaut es nun in der Alpin Geschichte zu diesem Thema aus? Können wir in der Vergangenheit einen Fall finden, der ähnlich gelagert ist? Würde uns das bei der Lösung helfen?

In der Tat gab es einen bemerkenswerten ähnlichen Fall bereits 1906!!

Hauptakteur war ein gewisser Dr. Frederick Cook, deutschstämmiger Amerikaner. Bitte nicht mit dem großen Entdecker James Cook aus England verwechseln, der um 1750 herum gelebt hat, und u. a. Neuseeland und Australien, die NW Passage usw. entdeckt hat. Dieser "Cook" wude während seiner 5. großen Expedition auf Hawaii von Einheimischen erschlagen.

"Unser" Dr. Cook hatte aber auch eine interessante persönliche Geschichte. Er studierte in Amerika Medizin und verlor noch sehr jung Frau und Kind durch "Kindbettfieber". Er wollte nur noch "weg" und hat sich so bald dem amerikanischen Polarforscher Peary angeschlossen. Auch mit Amundsen war Dr. Cook unterwegs und hat sich bei beiden Forschern während diverser Polarexpeditionen sehr verdient gemacht.
Bereits 1903 nun versuchte Dr. Cook den Mt. McKinley, eines der ganz großen bergsteigerischen Probleme jener Zeit, zu besteigen. Er stellte eine Mannschaft zusammen und reiste mit einem kleinen motor- betriebenen Boot den Susitna river hinauf. Damals gab es weder Anchorage noch den Alaska Highway, also war das Land wirkliche Wildnis. Einige Einheimische Indianer lebten in den Siedlungen und dort wo Gold gefunden worden war "ging es rund". Die Hauptverkehrsadern waren natürlich die Flüsse.

Gipfel und Wände der Ruth Gorge, Alaska Range
Dr. Cook und sein Team entdeckten die heute unter Kletterern so berühmte, und mit zahlreichen lohnenden Zielen bestückte, "Ruth Gorge". Big Wall an Big Wall reiht sich in der tiefen und eindrucksvollen Schlucht. - David Lama konnte hier, aus meiner Sicht, eines seiner Meister stücke am "Mooses Tooth" abliefern. Cook und sein Team konnten unter großen Entbehrungen das Massiv des Mt. McKinley umrunden.

1906 reiste Dr. Cook zum zweiten Mal nach Alaska. Durch seine Ortskenntisse von der ersten Expedition wollte er diesmal unbedingt den Gipfel erreichen, musste jedoch umkehren. Wieder am Ausgangspunkt schickte Dr Cook einen Teil seiner Begleiter heim und begab sich mit dem Goldsucher John Dokkin aus Alaska, sowie dem Cowboy Ed Barrill aus Montana wieder zum Berg. Er wolle nur den Zustieg für einen weiteren Versuch erkunden, meinte er zu den Heimkehrern. Tatsächlich wanderte er mit seinen 2 Begleitern vom 40 Meilen entfernten Basislager Richtung Berg.
Dabei entstand jene berühmte Aufnahme des "fake peak", eben das angeblich Gipfelfoto.

1907 veröffentlichte Cook nun in "Harper´s Monthly Magazin" einen großen Artikel über seine angeblich 1906 erfolgte Besteigung des Mt. McKinley.

Der Gipfel des Mt. Mc Kinleys wurde dann in Wirklichkeit erst 1913 erreicht. Der Amerikaner Hudson Stuck, Henry Karstens aus Alaska, sowie die Athabasca-Indianer Walter Harper und Robert Tatum erreichten ihn am 7. Juni.

Das Foto von Frederick Cook´s "Fake Peak" wurde bald widerlegt und sogar exakt nachgestellt. Es war auf einem unbedeutenden Nebengipfel in ca. 3000 m Höhe entstanden. Anmerkung. Der Gipfel des Mt McKinley (Denali) ist 6194 m.
"Fake Peak", falsches Gipfelfoto von F. Cook



Es ist also bewiesen, dass es bereits vor über 100 Jahren falsche Gipfelfotos und Expeditionsberichte gegeben hat. Die ganzen Geschichten sind also nix neues. Es "Menschelt" halt offensichtlich auch unter den Bergsteigern und auch - oder gar besonders - unter den Polarforschern. Was die einzelnen Akteure nun zu ihrer Vorgangsweise motiviert hat, ist natürlich dann wieder eine andere Geschichte.

Was meint ihr zu dem Thema? Die Beschäftigung mit Alpingeschichte gehört zu meinen Hobbies.

Für Interessierte hier ein link zur genauen Geschichte: http://www.dioi.org/vols/w73.pdf




1 Kommentar:

  1. Ich tendiere ganz klar zu These 1! Bergsteiger, die schwindeln sind für mich das Allerletzte. Wobei ich noch zu Steck etwas anmerken möchte: Soweit ich weiß ist noch nicht erwiesen, dass er wirklich geschwindelt hat, oder? Ich vermute es zwar auch, denn ein Vollprofi wie er sollte wissen, wie wichtig die Dokumentation ist, aber bei den anderen genannten Fällen (Stangl und Kammerlander - Cesen weiß ich nicht) ist es ja belegt, dass sie betrogen haben. Gibt es Neuigkeiten zu Steck an der Annapurna?

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