Dienstag, 28. April 2015

Gedanken zu Aussagen von Messner und Habeler anläßlich der Hilfsaktion am Mt. Everest


Gedanken zu Aussagen von Messner und Habeler anläßlich der Hilfsaktion am Mt. Everest


Reinhold Messner und Peter Habeler haben ihre Meinung zu den Rettungsmassnahmen am Mt. Everest anlässlich des tragischen Erdbebens öffentlich kundgetan. Sinngemäß meinten die beiden übereinstimmend, dass die Bergsteiger am Mt. Everest in keiner Notlage wären, da sie sich ja um viel Geld ( - kolportierten 80 - 100 000 US$) in ihre Expeditionen einkaufen hätten können. Es sei also viel wichtiger zuerst der armen Bevölkerung in Nepal Hilfe angedeihen zu lassen.

Blick auf das zerstörte Kathmandu


Wie bitte? Habe ich das richtig verstanden, dass es entscheidend ist, wieviel Geld jemand besitzt, um ihm Hilfe oder eben keine Hilfe angedeihen zu lassen, wenn er in einer Notsituation ist?

Wie bitteschön stellen sich dass die beiden "Alt Stars" der Alpinszene vor? Sollen die Menschen, die teilweise mit bloßen Händen Opfer aus dem Lawinenkegel und den Trümmern des Basislagers am Mt. Everest ausgraben laut rufen und fragen, ob der Mensch in den Trümmern "ein reicher Bergsteiger" oder ein "Sherpa" sei. Und je nach dem den Bergsteiger dann verrecken lassen und den Sherpa ausgraben?

Oder sollte man die Bergsteiger u n d Sherpas, die in den Hochlagern 1 und 2 nach der völligen Zerstörung der Eisfallroute "gestrandet" waren dort verrecken lassen? Zur Erinnerung sei den beiden kundgetan, dass man ganz schön viel Menge an Brennstoff für die Kocher benötigt um das nötige Wasser für aus Schnee zu schmelzen und dass einige hundert Menschen auch ganz schöne Mengen an Nahrungsmitteln pro Tag benötigen. Bei der herrschenden unsicheren Wetterlage entstand da ein gewaltiger Zeitdruck für eine Evakuierung.
Sollte man also nur die "armen Sherpas" mit den Helikopter aus den Hochlagern evakuieren und die "eh reichen Bergsteiger" oben verhungern und verdursten lassen?

Die  beiden Altstars der Bergsteigerszene fordern also quasi eine "Zweiklassen Rettung", wobei den ärmeren automatisch der Vorzug zu geben sei. Mir kommt das so vor, wie ein Pendel, dass auf einer Seite ausschlägt, und da man dass nicht will, fordert man dann das andere Extrem. Man will nicht, dass "reiche westliche Bergsteiger" bevorzugt gerettet werden, also fordert man, dass automatisch die armen Nepali bevorzugt werden, aber damit die westlichen Bergsteiger wiederum benachteiligt.
Damit schüttet man aber "das Kind mit dem Bad aus". Diese Forderung ist dann nämlich genau der selbe Unsinn, wie eine Bevorzugung.

Meiner Meinung nach sollte jeder Mensch, unabhängig von seinem Einkommen in Notsituationen gerettet werden.  Ob jemand Geld hat, oder eben nicht, sollte kein Maßstab für das angedeihen von Hilfe sein.

Geld ist eben nicht der "Nabel der Welt" - auch wenn es oftmals nützlicher ist, welches zu haben. Geld ist auch kein Maßstab dafür, ob jemand gut genug Bergsteigen kann, oder eben nicht, um den Mt. Everest zu besteigen.
Die Forderung, dass jemand der genug Geld hat um sich einen Bergführer für den Mt. Everest leisten zu können, automatisch ein schlechter Bergsteiger sei, ist ein völliger Unsinn. Diese impliziert nämlich sofort den Umkehrschluss, dass jemand mit wenig Geld also ein Super Bergsteiger sei, der selbstverständlich auf den Mt. Everest steigen "dürfte".




http://www.salzburg.com/nachrichten/welt/chronik/sn/artikel/kritik-an-zwei-klassen-rettung-erst-den-nepalesen-helfen-147672/

Samstag, 18. April 2015

Alpin Journal: In memoriam Edi Koblmüller

Alpin Journal: In memoriam Edi Koblmüller: In memoriam Edi Koblmüller Unter noch nicht näher bekannten Umständen ist Edi vor einigen Tagen am Kasbek (5.047m) im georgis...

In memoriam Edi Koblmüller




In memoriam Edi Koblmüller


Unter noch nicht näher bekannten Umständen ist Edi vor einigen Tagen am Kasbek (5.047m) im georgischen Teil des Kaukasus erfroren. Die Berichte deuten darauf hin, dass er bis zuletzt offenbar einer Teilnehmerin in einem tobenden Schneesturm bei gestanden ist.
Wir haben völlig unerwartet einen Freund, Bergkameraden, Unternehmer und geschätzten Kollegen verloren. Edi war erfolgreicher Bergsteiger, Unternehmer und Bergführer, der das Leben vieler Menschen berührte.

Edi Koblmüller, der Bergsteiger: Im Jahr 1978 wurden Edi und Alois Furtner durch ihre gemeinsam durchgeführte Erstdurchsteigung der Cho Oyu (8.188 m) Südwand im reinen Alpinstil schlagartig international bekannt. Sie machten nur ein Materialdepot in der Wand, und waren ganz auf sich alleine gestellt. Diese Tour zu dieser Zeit (1978) gilt auch heute noch als absolute top Leistung – wohlgemerkt auch nach internationalem Standard. Edi und Alois bewegten sich damit auf Augenhöhe etwa mit Reinhold Messner oder etwa Chris Bonington und Doug Scott.
Ein weiterer Meilenstein, den Edi und seine Partner 1981 im Karakorum setzen konnten, war die meines Wissens erste Winterexpedition zu einem hohen Siebentausender, dem Batura 1   (7.785m). Wann man bedenkt, dass noch nicht mal heute, über 30 Jahre später, alle 8.000er im Winter bestiegen sind, so kann man diese Leistung nicht hoch genug einschätzen.
Neben diesen beiden herausragenden Expeditionen führte Edi noch unzählige Expeditionen (davon fünf 8.000er und sieben 7.000er), viele davon als Bergführer und Expeditionsleiter, mit grossem Erfolg durch. 

Edi Koblmüller, der Unternehmer: 1978 gründete Edi die damals kleine und „bunte“ Alpinschule „Die Bergspechte“. Flexibel und fröhlich war das Motto der ersten Jahre. Als sehr junger Bergführer durfte auch ich damals bei den Bergspechten meine Erfahrungen sammeln. Das Unternehmen wuchs durch Edis Geschick rasch und entwickelte sich zu einem großem Outdoor Reisebüro, wo man Bergreisen und –besteigungen in aller Welt buchen konnte. Edi war damit wiederum ein Pionier der ersten Stunde. Vor 30 oder 40 Jahren war es noch keineswegs so selbstverständlich wie heute, einen großen, richtig hohen Berg, sieben- oder gar achttausend Meter hoch, bei einer Agentur mit Bergführer zu buchen. Strategisch ging die Richtung dann mit vollem Erfolg vom Alpinschulbetrieb in den Alpen immer mehr zu Trekkingreisen, vor allem in Afrika, und Expeditionen.
Noch im Februar dieses Jahres habe ich Edi mit Gästen in den Abruzzen getroffen. Die Wetterverhältnisse waren schwierig, und obwohl ich mit einer eigenen Gruppe unterwegs war, konnten wir uns austauschen und so sehr professionell zusammenarbeiten. Beide konnten wir für unsere Gruppen so eine optimale Woche durchführen.
Ein Detail am Rande: Ich habe mich mit Edi damals auch über die herrschenden Lawinenbedingungen ausgetauscht. Er hatte vor allem die Sicherheit seiner Gruppen im Auge und daher auf ein geplantes Ziel verzichtet, da es ihm als zu gefährlich erschien. Für mich ein Indiz für sehr umsichtiges professionelles Verhalten, das von Sorgfalt und Sicherheitsdenken für seine Gruppe geprägt war.  
Aufgrund verschiedener Entwicklungen verkaufte Edi sein Outdoor Unternehmen 2014 an Hauser Exkursionen in Deutschland und war dann noch in beratender Funktion und als Bergführer tätig. Dabei bewies Edi auch viel Verantwortungsgefühl für seine Mitarbeiter. Er hat mir noch im Februar erzählt, wie wichtig es ihm sei, dass die Mitarbeiter weiter beschäftigt werden und der Name Bergspechte  möglichst erhalten bleiben solle. 

Edi Koblmüller, der Mensch: Mit Edi ist ein innovativer und sicher auch einer der erfahrensten Bergführer überhaupt von uns gegangen. Viele Bergführer in Österreich haben bei ihm ihre Lehrjahre verbracht und vom Wissen, das er an sie weitergab, noch Jahre danach gezehrt. Er hinterlässt in unserer Gemeinschaft eine grosse Lücke. Obwohl von Schicksalsschlägen gebeutelt, ging er weiterhin seiner Leidenschaft dem Bergsteigen und Bergführen nach und gab die Freude am Bergsteigen auch an seine zahlreichen Gäste weiter. In einem Interview mit dem Kurier sagte Edi vor einigen Jahren, er wolle lieber am Berg sterben, als mit 85 in einem Pflegeheim dahin zu vegetieren. Genau dies ist nun eingetreten. Obwohl er in seinen Bergen bei dem, was er am liebsten tat, gestorben ist, wird er uns sehr fehlen.

http://www.oe24.at/oesterreich/chronik/Extrem-Bergsteiger-im-Blizzard-erfroren/185026341
http://kurier.at/chronik/oberoesterreich/extrembergsteiger-edi-koblmueller-erfroren-die-berge-waren-edis-leben/125.617.686
http://www.krone.at/Oesterreich/Alpinist_Edi_Koblmueller_und_Bergkameradin_erfroren-Unglueck_am_Kasbek-Story-448866
http://derstandard.at/2000014438953/Extrembergsteiger-Edi-Koblmueller-in-Georgien-verunglueckt

Mittwoch, 15. April 2015

Ein Leben als Profi - Bergführer, Traumberuf oder ein verrückter Spleen?

Ein Leben als Profi - Bergführer, Traumberuf oder ein verrückter Spleen?

Sein ganzes Leben in den Bergen verbringen, immer mit Gästen auf "Urlaub" zu sein - das klingt vordergründig sehr verlockend, um nicht zu sagen für viele Menschen wäre das der Traumberuf schlechthin.
Als Bergführer auf Schitour in der Antarktis

Hat sich das Berufsbild in den letzten Jahren stark verändert? Wie hat sich die Wirtschaftskrise auf den Beruf ausgewirkt? Wie lebt es sich mit einer Familie, wenn man ständig einem gewissen Risiko ausgesetzt ist? Wie veränderte sich das rechtliche Umfeld bei internationaler Tätigkeit? Was passiert im Falle eines Unfalles eines Gastes? Von was lebt ein Bergführer, wenn er verletzt ist? Können Bergführer reich werden? Wieviel ihrer Zeit verbringen Bergführer eigentlich Zuhause? Seine Passion zu Leben ist eben offensichtlich nicht bequem.

Unsere Erde ist rund und dreht sich weiter. Selbstverständlich sind wir selber und alles Andere auf der Welt ständig in einem gewissen Entwicklungsprozess. So auch das Freizeitverhalten der Menschen. Vor Jahren gab es Bergsteiger, Radfahrer oder auch z. B. Läufer. Jeder hat "seine" Disziplin mit einem gewissen Ernst und mit Konsequenz betrieben. Heute zappen viele von einer Sportart zur anderen. Wenn sich ein Bergsteiger z. B. ein neues Moutainbike zulegt, kann es schon sein, dass er in den nächsten Jahren hauptsächlich am Rad sitzt und viel weniger Klettern geht.

Die wichtige Konsequenz daraus ist, dass es heute nur noch sehr wenige "gestandene Bergsteiger" gibt, die über Jahre Bergsteigen betreiben und sich so eine gewisse "Selbstverständlichkeit" beim Verhalten in den Bergen aneignen konnten. Durch das "Zappen" in die verschiedenen Sportarten entsteht zwar eine enorme athletische Fähigkeit, die dann jedoch den Mangel an Erfahrung und  Gefahrenbewußtsein überlagert.

Eine weitere Problematik stellt das zunehmende "Konsumverhalten" auch in den Bergen dar. "Ich habe einen Gipfel bestellt, dann will ich das auch unter allen Umständen haben. Wenn das nicht klappt, so will ich mein Geld zurück." Eine solche Mentalität finden wir leider auch zunehmend unter den Kunden von Bergführern, was diese dann auch zunehmend unter Druck setzt. "Gipfelgeile" Kunden, die nur der von ihnen "bestellte" Gipfel interessiert, stellen ein Problem dar. Denn solche Kunden erwarten selbstverständlich, dass man bei schlechtem Wetter oder gefährlichen Bedingungen, wenn es nur halbwegs möglich ist, geht. Oder eben auf besseres Wetter verschiebt. Gefragte Profis sind aber üblicherweise die ganze Saison ausgebucht und warten eben nicht auf der Hausbank, bis das Wetter paßt. Davon kann man nämlich nicht leben. Zu einem anderen Termin, haben diese schon die nächsten Kunden. Die Lösung kann nur in einer Flexibillität bezüglich des Zieles liegen. Da muss man sich den Kundenstock eben etwas "erziehen".

Gleichzeitig erwarten viele Kunden eine Sicherheitsgarantie. Ein solches Sicherheitsdenken gepaart mit dem heute üblichen sofortigem suchen nach "Schuldigen" und finanzieller Entschädigung im Falle eines noch so kleinen Unfalles führt natürlich auch zu einem veränderten Umfeld. Eigentlich sollte jedem klar sein, dass man ohne ein gewisses Risiko eingehen zu wollen, eben auf keinen Berg steigen kann.

Will man wirklich hauptberuflich als Bergführer leben, so ist eine internationale Tätigkeit verbunden mit intensivem Reisen unumgänglich. Viel zu kurz bzw. witterungsanfällig sind die Saisonen in den Alpen. Dies führt zu langen Zeiten des "Alleinseins". Klar, der Preis für jede Führungsfunktion ist eben Einsamkeit. Es ist aber nicht selbstverständlich, dass eine Partnerschaft oder Familie solchen Belastungen über Jahrzehnte standhalten kann.

Eng wird es für eine Bergführer dann, wenn er sich selbst verletzt. Dann hat man schlicht und einfach überhaupt kein Einkommen. Es gibt zwar Verdienstentgangsversicherungen, dabei ist man aber im Bergführerberuf in einer derartigen "Risikostufe" eingestuft, dass diese nicht finanzierbar ist. 

Ereignisse in jüngster Zeit führten uns auch vor Augen, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine internationale Tätigkeit in Zeiten von Globalisierung, Dienstleistungsfreiheit in der EU und dem Stopfen noch so kleiner "Steuerschlupflöcher" der einzelnen Alpenstaaten, immer schwieriger werden. Man muss sich schon wirklich gut in der Materie auskennen, und auch die entsprechenden Fremdsprachen können, um sich bei den einzelnen Regelungen gut zurecht finden zu können. Im Falle eines Unfalles im Ausland droht da teilweise schon mal die Gefängniszelle!

Für all diese "unbequemen Umstände" und dem noch dazu manchmal sprichwörtlich lebensgefährleichen Job, ist das Einkommen eines Bergführers geradezu lächerlich. Trotzdem entscheiden sich Jahr für Jahr viele talentierte und idealistisch veranlagte Menschen dazu, diesen Beruf auszuüben.
Das Bewusstsein, die meiste Zeit seines Lebens in seinem Beruf zu verbringen, motiviert offenbar bergbegeisterte Menschen dazu, Bergführer zu werden. Auch wenn es phasenweise nicht leicht ist, davon wirklich leben zu können. Hat man sich jedoch einmal einen guten Kundenstock erarbeitet und entsprechende internationale Erfahrungen gesammelt, so ist und bleibt der Beruf für mich ein sportlicher Traumberuf.

Samstag, 4. April 2015

Shit happens, Lawinendrama in der Dauphine

Shit happens, Lawinendrama in der Dauphine

Offensichtlich ist der gesamte Alpenbogen heuer von einer fatalen Lawinensituation geprägt. Ein weiteres,  sehr tragisches Lawinenunglück fand nun seinen Weg in die Medien. 
Traumtag im Salzkammergut, Schitour aufs "Zwölferl"

Zum genauen Hergang des Unglücks sind an und für sich nur Informationen aus den Medien bekannt. Daher ist es schwer sich bereits jetzt ein objektives Bild über den Unfall machen zu können. Eine relativ große Gruppe junger talentierter und sehr gut ausgebildeter und ausgerüsteter Bergsteiger war im Rahmen des Projekts "junge Alpinisten" des ÖAV unter der Leitung zweier professioneller Bergführer in der Dauphine, dem "Karakorum der Alpen" unterwegs. Nachdem bereits eine Gruppe Bergsteiger einen Hang nach dem Abseilen vom Col Pic Emile abgefahren war, wurde die österreichische Gruppe von einem "harten Schneebrett" überrascht. 

Soweit man so ein Unglück überhaupt "aus der Ferne" beurteilen kann, hat es für mich den Anschein, als wäre da "höhere Gewalt" im Spiel gewesen. Die Leute hatten einfach Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein, es war einfach ein Unglück, im sprichwörtlichen Sinn. Mit der zu Verfügung stehenden Information, Lawinenwarnstufe 3, gute Sicht, aber Wind hätte wohl jeder diese Tour so gemacht. Auch denke ich, dass der Alpenverein hier ein vorbildliches Krisenmangement geleistet hat.

Was macht diesen Fall für mich nun so interessant, ihm einen Blog zu widmen? Die Tatsache, dass laut Medien die beiden Bergführer in Frankreich "verhaftet" oder "in Gewahrsam genommen worden sind". Die beiden sind mittlerweile wieder auf "freiem Fuss", wie die Medien berichteten. Was hat das für eine Hintergrund?
Als Bergführer auf der ganzen Welt unterwegs, hier Antarktis, Mt. Gardener

Es gibt eine internationale Vereinigung der nationalen Bergführerverbände. In diesem Verband, dem "IVBV" gibt es eine Regelung, dass jedes Mitglied in jedem Land, in dem es eine vom IVBV anerkannte Bergführerausbildung gibt, auch arbeiten darf. Als österreichischer Bergführer darf ich also auch in der Schweiz oder eben allen anderen Mitgliedsländern des IVBV arbeiten, und natürlich auch umgekehrt.

Im Zuge der Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU ist nun diese Regelung etwas komplizierter geworden. Besonders schwierig ist die Situation durch sogenannte "Bergführer" oder "Schilehrer", die aus Ländern kommen, wo es keine entsprechende Ausbildung gibt. Diese haben naturgemäß also keine anerkannte Ausbildung, drängen aber in die "Alpenländer". Dies erhöht zum Einem natürlich das Sicherheitsrisiko und führt zum Anderen zu einem befürchteten "Lohndumping".

Um sich auf der einen Seite dem Ansturm von illegalen "Schwarzführern" zu erwehren und auf der anderen Seite auch noch die kleinsten Steuereinnahmen zu lukrieren, haben einzelne Länder nun Maßnahmen ergriffen. So muss man sich auch als Profi Bergführer so man in  Frankreich arbeiten will, dort bei den Behörden registrieren, damit man legal dort arbeiten darf. Auch in der Schweiz gibt es ab einer Dauer von 10 Arbeitstagen pro Jahr eine ähnliche Regelung.

Offensichtlich wird im Falle eines Unfalles also auch bei hochprofessionellen Bergführern und Instiutionen, wie dem Alpenverein, da meiner Meinung nach überhart durchgegriffen und die Kollegen sogar in "Gewahrsam genommen" um deren "Berechtigung" zu prüfen.

Hallo?  Sind wir in einer Diktatur eines Entwicklungslandes, oder Nettozahler mitten in Europa? Es muss doch möglich sein, einen Berufsausweis, bzw eine online Registierung in Europa prüfen zu können, ohne die Beteiligten gleich in eine Zelle zu verfrachten!! Diese sind vermutlich durch den Stress der Ereignisse ohnehin schon genug geschockt!

Solche Berichte, zusammen mit meinen kürzlich in Italien gemachten Erfahrungen (siehe Blog "Ist das Ende der Freiheit beim Schitouren gehen erreicht?"), lassen mich stark am "guten Willen" der beteiligten Länder eines gemeinsamen Europas zweifeln.

Wie intelligent wäre es, wenn wir dann auch in Österreich die Kollegen (m i t Berechtigung wohlgemerkt) im Falle eines Unfalles, oder einfach bei Übertretung eines "Schitourenverbotes" (z. B. in Italien) gleich ins Gefängnis stecken würden? Hätte so ein Vorgehen eine abschreckende Wirkung auf "Schwarzführer", oder würde das gar zu signifikanten Erhöhungen unserer chronisch schwachbrüstigen Staatsfinanzen führen?

Ich fordere die zuständigen Stellen der Alpenländer (Italien, Frankreich, wohl auch die Schweiz) auf bei obig erklärten Sachverhalten mit Maß und Ziel  und im Sinne des Tourismus der Alpenländer zu agieren!

Links:

Donnerstag, 2. April 2015

Vom Sicherheitswahn und Risikobewunderung

Vom Sicherheitswahn und Risikobewunderung

Heute möchte ich gerne ein Thema beleuchten, dass mich als Profi Bergführer und auch als Vortragender in vielen Vorträgen beschäftigt. Das Thema Risiko respektive Sicherheit und wie in unserer Gesellschaft damit umgegangen wird. 

In unserer Gesellschaft wird für viele Bereiche eine absolute Sicherheit gefordert. Jüngstes Beispiel dafür sind etwa die offiziellen Reaktionen auf den Selbstmord des Piloten der Germanwings Maschine. Vielfach wird nach Ereignissen sofort nach einer Anlaßgesetzgebung gerufen, und auch übereilt gleich durchgezogen. Ich denke, dass man dem Risiko eines Selbstmörders in Führungsfunktionen immer hilflos ausgeliefert sein wird. Was ist mit einem Buschauffeur, der mit einem voll besetzten Bus in einen Abgrund fährt, was mit einem Lokführer, der seinen Zug nicht ordnungsgemäß fährt, was mit einem Bergführer, der seine Gäste mit in den Tod nehmen will...? 


Symbolbild: mit ABS und sonst noch allerhand Ausrüstung

Mir fällt gernerell besonders in den letzten Jahren, ein immer stärker werdender Trend beim Bergsteigen, speziell beim Schitourengehen, auf. 
Die Leute schleppen im Streben nach einer umfassenden Sicherheit alle möglichen Sicherheitseinrichtungen auf ihre Tour mit. Es ist mittlerweile gar keine Seltenheit mehr, dass ein einzelner Tourengeher nicht nur das obligate Lawinenpieps und einen Lawinenballon mit hat, sondern auch noch einen "Avalung Rüssel" mit dabei. Oftmals sind die Leute dann durch das Verhältnis Ausrüstungsgewicht zu körperlicher Konstitution, sprich Kondition, wieder in Summe gefährlicher, weil langsamer und nicht selten am absoluten körperlichen Limit, unterwegs. Was nützen sämtliche Lawinensicherheitsausrüstungen, wenn man dann völlig entkräftet und überfordert, seine Purzelbäume in den Schnee legt. Das Verletzungsrisiko durch die Entkräftigung ist dann oft viel größer als eine eventuelle Lawinengefahr.

Wolfgang Güllig in Seperate Reality

Gleichzeitig werden aber - vor allem im Sport - Helden glorifiziert, die ein immenses Risiko eingehen. Kopfkameras, Videofilmchen im Internet und sozialen Foren erleben offenbar einen noch nie geahnten Zulauf.Auch in den mit millionenaufwand produzierten Hollywoodfilmen wird den Menschen heute  ein Heldentum durch eingegangenes und überstandenes Risiko verkauft. Offensichtlich trifft dieses Heldentum, und damit eine Akzeptanz von maximalen Risiko, also doch auch ein Grundbedürfnis der Menschheit. Auch beim Bergsteigen werden die "Heldentaten" der Spitzenprofis  oft enorm bewundert. Man denke nur an diverse "free solo" Klettereien im höchsten Schwierikgeitsgraden, oder heldenmütige Extremtouren an riesigen Achttausender Wänden.

Auf den ersten Blick sieht es also so aus, dass in der "öffentlichen Meinung" mit zweierlei Maß gemessen wird. Hier die Forderung nach der ultimativen Sicherheit und dort die grenzenlose Bewunderung von Sportlern und Bergsteigern, die ein unglaubliches Risiko eingehen.  Das passt doch irgendwie gar nicht zusammen? Will man sich also selbst in absoluter Sicherheit wägen, während man anderen bei immer halsbrecherischen Aktionen zusieht? Sensationslust gab es schon immer, aber beim Bergsteigen kommt mir vor, ist die Schere zwischen Sicherheit und Risiko noch nie so auseinander geklafft wie jetzt.

Was meint ihr dazu?