Donnerstag, 30. Juni 2016

Alpin Journal: Gedanken zur "Fatalen Heldenliteratur", einem Arti...

Alpin Journal: Gedanken zur "Fatalen Heldenliteratur", einem Arti...: In der letzten Ausgabe des AV Mitgliedermagazines Bergauf 03/2016 erschien ein interessantes, sehr gut gestaltetes Interview mit dem Autor M...

Gedanken zur "Fatalen Heldenliteratur", einem Artikel im letzten Bergauf des AV

In der letzten Ausgabe des AV Mitgliedermagazines Bergauf 03/2016 erschien ein interessantes, sehr gut gestaltetes Interview mit dem Autor Manfred Ruoß über dessen Buch "Zwischen Flow und Narzissmus"

zerstörtes Camp in der Antarktis, hier kommt es auf Teamarbeit und "Leistungsdenken" an!

In der Einleitung zum Interview wird darauf hingewiesen, dass der Autor "...die Heldenverehrung von Extremen fatal findet, vor allem die Zusammenarbeit vieler Profis mit der Wirtschaft für die Gesellschaft negativ sei"

In seinem Buch beschäftigte sich der Autor aus der Ferne mit Psychogrammen von "Profi Bergsteigern" wie Steve House, Ueli Steck, Gerlinde Kaltenbrunner uva.

Zunächst finde ich Bücher über den "Hintergrund" von Bergsteigern generell sehr interessant. So auch die Thematik von Herrn Ruoß in Bezug auf Bergsteiger. Dabei ist aber mein Eindruck, dass der Autor mit einer negativen Wertung der Bergprofis "rüberkommt", ohne diese vorher überhaupt definiert zu haben.

ein lang gehegtes Ziel zu erreichen ist sehr wohl ein nützlicher Faktor für die Gesellschaft

Erstens: Wer ist überhaupt ein Profi? Es gibt neben Bergsteigern mit "alpinen Rekorden", die davon leben ihre Rekorde zu vermarkten, noch eine ganze Reihe anderer Profis beim Bergsteigen. Zum Beispiel Bergfilmer. Robert Schauer aus Graz etwa zeigt schon seit über 30 Jahren mit seinem erfolgreichen und international sehr renommierten Bergfilmfestival in Graz, dass man auch von Bergfilmen leben kann, also Profi sein kann.

Bekannte Bergfotografen, wie etwa Herbert Raffalt aus Haus im Ennstal oder international bekannte Persönlichkeiten wie Heinz Zack, und viele andere, kann man getrost als Profi Bergsteiger bezeichnen, da sie ja über den Umweg der Fotografie hauptberuflich vom Bergsteigen leben.

Last but not least sind selbstverständlich tausende Bergführer als Profi Bergsteiger zu bezeichnen. Ich lebe schon seit meiner Studienzeit hauptberuflich vom Bergsteigen, bin also Profi Bergsteiger.

Zweitens: auf die erste Frage im  Interview in den Bergwelten auf Seite 37 antwortet Herr Ruoß wie es zu seinem Buch kam, sinngemäß er lese seit Jahrzehnten diese alpine Heldenliteratur. Eine genaue Bezeichnung folgt jedoch nicht!

Ich teile die Meinung von Ueli Steck völlig, dass es nicht seriös sei, aus der Ferne, über das Studium nicht näher bezeichneter Literatur, Personen zu analysieren. Noch dazu als ausgebildeter Psychologe. Das Interview des Autors vermittelt für mich nur eine wirre Ansammlung von Vorurteilen.
nicht zuletzt hat auch das Reisen im Zusammenhang mit Bergsteigen einen wichtigen Stellenwert für die Gesellschaft

Drittens: Der Bogen, den der Autor Ruoß von den Profi Bergsteigern zur Wirtschaft spannt, ist völlig überspannt, im wahrsten Sinn des Wortes. Schon im ersten Absatz beurteilt er die Zusammenarbeit zwischen Profi Bergsteigern mit der Wirtschaft als negativ. Wie das? Ohne zu definieren, was er unter Profi Bergsteigern versteht, ohne zu definieren welche Art von Zusammenarbeit von Profis zur Wirtschaft er meint?
Ich arbeite schon seit Jahren mit unserer Firma Peak e motion sehr erfolgreich mit diversen Firmen zusammen. Naturgemäß geht es dabei um Führen von Menschen in außergewöhnlicher Umgebung, oft unter Risiko, und Führen von Menschen in der Wirtschaft, wo sehr wohl auch immer wieder ungewöhnliche Umstände auftreten.....

Es arbeiten dutzende, wenn nicht hunderte mehr oder weniger professionelle Bergsteiger sehr zum Wohle der Allgemeinheit mit Vertretern der  Wirtschaft zusammen. Ich denke da etwa nur an diverse Entwicklungsarbeit für Ausrüstungsfirmen, oder die gesamte "Industrie" der Berg- und Wanderführer, selbstverständlich mit professionellem Einsatz und selbstverständlich sehr zum Wohle der Tourismus Industrie.

Viertens: Nicht zuletzt versteigt sich der Psychologe und Autor Ruoß in die Behauptung, dass Profi Bergsteiger sehr viel Geld von Vertretern der Wirtschaft erhalten. Offensichtlich hat er ungenügend oder überhaupt nicht recherchiert. Man müßte für diese Behauptung ja auch wieder definieren, was sehr viel Geld überhaupt ist. Jedenfalls übersteigt das Einkommen eines in der Regionalliga tätigen Fußballers das Einkommen der meisten Profi Bergsteiger um Dimensionen, selbstverständlich bei völlig anderem Einsatz an Energie und Risiko.

Fünftens: Selbst wenn ich mich auf die Profis im Risiko Bereich des Bergsteigens beschränke, denke ich keinesfalls, dass ihr Wirken auf die Gesellschaft nur negativ zu beurteilen ist. Wie so viele Dinge, hat auch diese Medaille zwei Seiten. Neben dem unbestrittenen Erobern des Unnützen, stehen viele  - oft auf den ersten Blick nicht zu sehende - nützliche Dinge für die Allgemeinheit.
Ich denke da an die Parallele von Forschern in der Wissenschaft zu Forschern in der Natur bzw. auf Expeditionen, neue und ungwöhnliche Wege zu gehen. Oder hier wie da die Parallele als Aussenseiter der Gesellschaft irgendwann, irgendwie trotzdem ein neues Ziel zu erreichen. Im Bereich der Bergführer Profis ist der Nutzen für die Gesellschaft sowieso sofort als extrem positiv zu beurteilen. Wie viele Unfälle oder Verirrte würde es ohne professioneller Ausbildung durch Profi Bergführer geben? Millionen Urlauber kommen entspannt von ihren Bergurlauben mit Profi Bergführern zurück an ihren Arbeitsplatz und können wieder voll motiviert ihrer Aufgabe nachgehen!

Nicht zuletzt sei noch der Leistungsgedanke angesprochen. Selbst Herr Ruoß billigt dem Freizeitbergsteigen, wie er selber es betreibt, positive Aspekte zu. Ich persönlich finde, dass der Leistungsgedanke sehr wohl oftmals auch zum Bergsteigen dazu gehört. Sei es jetzt, dass ich mich selbst in meiner Leistung steigere, indem ich ein persönlich gestecktes Ziel, einen besonderen Gipfel erreiche, oder auch indem ich einen entfernten Gipfel oder eine unbekannte Wand mit meinen Freunden oder Gästen besteige.
Ohne Leistungsdenken würde unsere Gesellschaft inklusive Industrie oder auch die vielen kleinen Gewerbebetriebe im Lande "schön ausschauen"!!

Alles in Allem beurteile ich das Buch von Herrn Ruoß über die Psychologie von Profis am Berg als sehr einseitig, plakativ und vor allem im Bezug auf Profi und Bergsteigen schlecht fundiert.