Cerro Torre, Torre Egger, Torre Standhard und die Bifida von Südosten |
Cerro Torre - oder der unmögliche Berg. Kaum ein Berg hat so viel Alpingeschichte "auf dem Buckel" wie der Torre. - ausgenommen vielleicht der Mt. Everest, oder das Matterhorn.
Schon bei der Erstbesteigung in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts kam es zur ersten Tragödie, bei der der Österreicher Toni Egger verunglückte. Ob Cesare Maestri damals wirklich auf dem Gipfel der ein einhalb Kilometer hohen, gelben Granitnadel mit Eiskopf gestanden ist, wurde bis heute nicht restlos geklärt. Fest steht, dass Maestri in den 70er Jahren dann mit einem Kompressor den Südostgrat erstbestiegen hat und die Italiener Ferrari/Ragni von Osten auf den Berg die erste gesicherte Besteigung für sich verbuchen konnten. In den ersten Jahren hatte sich auch kein geringerer als Walter Bonatti am "unmöglichen" Berg versucht. In den 80er Jahren, nach der 2. Besteigung über den Südostgrat durch Jim Bridwell und Gefährten, rückte der Torre dann in den Mittelpunkt der damaligen Extremszene.
Natürlich war der Torre auch in unser Visier geraten. Nach 31 gekletterten Seillängen hatten wir alle Zutaten für ein alpines Drama. Abseilen im patagonischen Sturm, vereiste Felsen und Seile und einen Sturz in ein altes Fixseil, das zum Glück gehalten hat.....aber das ist nun auch schon wieder 25 Jahre her.
In den 90er Jahren wurde dann der erste Kinofilm am Torre gedreht. Involviert waren neben Reinhold Messner der Kletterstar Stefan Glowacz sowie der Starregisseur Werner Herzog. Das Ergebnis: der eher durschnittliche Bergfilm "Schrei aus Stein".
Nach 2010 dann der nächste Schritt. Das Ausnahme Talent im Klettern - wieder aus Österreich - David Lama, wollte die Kompressor Route frei, also ohne sich an einem Haken anzuhalten, klettern. Gesponsert vom "Getränkemarketing Riesen" Red Bull sollte dabei wiederum ein Kinofilm gedreht werden.
Für die Dreharbeiten wurde der Berg mit zig neuen Bohrhaken und Fixseilen verschandelt, was einen internationalen Aufschrei und Boykottaufrufe von Red Bull Getränken zur Folge hatte. Aufgrund der schlechten Witterung scheiterte das Projekt.
In weiterer Folge wurde nach einem gröberen Streit das Bergführerteam um die Dreharbeiten ausgetauscht und das Filmteam verkleinert.
2012 gelang dann das Projekt "erste freie Besteigung" der berühmten und berüchtigten Kompressor Route souverän. Dabei wurde für den Film kein Aufwand gescheut und mit ungeheurem - auch Hubschrauber - Einsatz konnten sensationelle Aufnahmen auf Film gebahnt werden. Das Ergebnis ist ein durchaus sehenswerter Film über einen der schwierigsten Berge der Welt, seiner faszinierenden Besteigungsgeschichte und einer großartigen Leistung der Darsteller.
Dann zum Jahreswechsel 2014/2015 ein weiterer Schritt in der Alpingeschichte: Wiederum ein Österreicher, Markus Pucher, steigt free solo, also ohne Seilsicherung auf den Torre. Seine Route ist die Ostwand, also die Ferrari/Ragni Route, die zu einem großen Teil aus senkrechtem Eis besteht. Er konnte den Berg schon einige Jahre früher als erster free solo, also ohne Seilsicherung, über die gleiche Route besteigen. Der Schweizer Hungerbühler hatte bereits vor Pucher die erste solo Besteigung geschafft, sich dabei aber selbst gesichert.
Warum besteigt Markus Pucher nochmals den Torre solo, diesmal bei entsetzlichem Schlechtwetter? Das Wetter war so schlecht, dass sämtliche Bergsteiger, die eine Klettertour in dem Gebiet geplant hatten, abgestiegen waren. Markus Pucher erlebt eine wahre Odyssee, bei der er mehrmals in haarsträubende Situationen gerät, dann aber knapp doch noch überlebt.
Sicherlich handelt es sich hier um eine wahrhafte alpine "Heldentat", die dem Protagonisten garantiert einen Platz in der Geschichte des Cerro Torre sichert.
Überqueren des Rio Fitz Roy |
Soche Begehungen werfen aber auch viele Fragen auf, wenn man etwas darüber nachdenkt. Sicherlich ist eines der höchsten - wenn nicht das wichtigste Gut - beim Bergsteigen die persönliche Freiheit. Das heisst, jeder sollte in so einem Stil Bergsteigen können, wie er es eben selbst will. Einzige Einschränkung dabei ist die Grenze der persönlichen Freiheit, also dort, wo man andere durch sein Tun einschränkt oder verletzt.
Für mich persönlich ist eine sehr interessante Frage, wie weit der extreme Alpinismus gehen kann, oder soll. Wir bewundern immer "wildere Aktionen", die sich jedoch immer mehr einem "russischem Roulette" annähern. Den Torre solo, wusch, was für eine Leistung, dann denn Torre solo bei total beschissenem Wetter - was für eine Dummheit, ist man versucht zu sagen.
Ist es sinnvoll, wenn sich eine Weiterentwicklung im Alpinismus immer mehr in "Kamikaze" Aktionen ausdrückt? Gehen den Akteuren die Themen aus? Ist es wirklich so schwierig, gute Aktionen zu finden?
Schreibt mir eure Meinung, es wäre interessant dazu zu diskutieren!
hier noch ein lin zum Artikel im Alpinist Magazin:
http://www.alpinist.com/doc/web15w/newswire-markus-pucher-solos-cerro-torre-west-face
Erst einmal, ganz toll, dass du deine Meinung hier kundtust, Walter! Sehr interessant und lesenswert!
AntwortenLöschenZum Thema: Ja, ich glaube vielen Profis gehen die Ideen aus. Das ist aber nichts neues. Es gab immer die Extrembergsteiger, die sich durch besondere Kreativität und neue Routen auszeichneten (wie etwa der genannte Bonatti) und jene die v.a. durch waghalsige Solo Aktionen oder Zeitrekorde profilierten (gewissermaßen war der große Hermann Buhl so einer). Weiters sind so Berge wie der Torre einfach über die Bergsteigerwelt hinaus bekannt und wenn man an solchen "großen" Bergen etwas vollbringt, dann wird das wohl einfach mehr Sponsoren anlocken. Andererseits sieht man auch aktuell bei Cliff, dass die waghalsigen Kletterer (v.a. jene die viel Free Solo machen) nun nicht mehr gesponsert werden. Es hängt also natürlich auch vom Sponsor ab.
Mir sind jedenfalls bodenständige Profis wie etwa H.J. Auer am liebsten, die wirklich das machen, was sie sich einbilden und sich nicht irgendwie treiben lassen und ihre Taten auch nicht an die große Glocke hängen.
Um deine Fragen zu beantworten: Sinnvoll ist es sicher nicht, aber auch nichts komplett neues und manchmal machen das, davon bin ich überzeugt, die Bergsteiger solch waghalsige Unternehmungen wirklich aus innerster Überzeugung und nicht wegen der Publicity. Außerdem was ist am Bergsteigen schon sinnvoll? Manchen gehen sicher die Themen aus, unmöglich gute Aktionen zu finden ist es sicher nicht, aber ganz ehrlich, wie soll man dem breitem "Publikum" beispielsweise irgendeine Erstbegehung einer Wand auf Baffin Island verkaufen? Selbst Kenner haben wohl zuvor noch nie etwas davon gehört.
Da gibts also offensichtlich 3 Themen: gabs solche "Kamikaze Rekorde" immer schon, oder ist das was Neues? Bin eindeutig auch deiner Meinung, dass es sowas immer schon gab (Stichwort z. B. Buhl).
AntwortenLöschenDu sprichst das Thema Sponsoren bzw. Geldverdienen an: dazu benötigt man erstens Sponsoren, und zweitens Publicity. Das geht natürlich am besten an einem bekannten Berg, der dann noch bekannter wird. Da stellt sich dann bei so manchem dann doch die Sinnfrage, vor allem wenn ich da z. B. an den Everest denke. Der erste mit frisch geschnittenen Zehennägeln am Gipfel etc.
Und dann die Sinnfrage. Klar man kann damit gleich das ganze Bergsteigen an sich in Frage stellen. Ich würd hier aber dann die Frage nach der sinnvollen Grenze stellen. Die ist dann natürlich für jeden individuell ganz verschieden. So ist es für Markus Pucher sicher ein tolles und intensives Erlebnis gewesen, bei Sch...wetter, free solo am Torre zu stehen. Für mich persönlich macht das aber dann keinen Sinn, abgesehen davon, dass ich das auch natürlich gar nicht könnte! Glaub auch nicht, dass der Pucher seine Aktion wegen der Publicitiy gemacht hat - da wird er bei schönem Wetter eher tolle Bilder haben und auch gesehen werden.
dem gibt's nix hinzuzufügen!
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