genau zu Sonnenaufgang am höchsten Punkt unserer Erde |
die massive Eislawine von der Westschulter des Mt. Everest |
Knapp 3 Monate vor Beginn der nächsten Besteigungssaison am Mt. Everest stellten sich mehrere Fragen:
Wie ist die Situation im Khumbueisbruch? Wird sich der Klimawandel erneut auf die Sicherheitslage der Route durch den weltberühmten Eisbruch auswirken?
Wechseln viele Teams auf die Nordseite bzw. ist diese sicherer?
Wie verhalten sich die Sherpas, nachdem im Vorjahr nach einem großen Unfall im Eisbruch ein Sherpastreik die gesamte Südseite des Mt. Everest "lahm gelegt" hat?
Wie ist die Rolle westlicher Bergführer bzw. Spitzenbergsteiger am Everest, nachdem vor ca. 2 Jahren der Schweizer Uelli Steck und der italiensische Spitzenalpinist Simone Moro am Everest von Sherpas verprügelt und mit dem Tod bedroht wurden?
Melissa Arnot dreht sich im mehrer km entfernten Basislager des Mt. Everest um, damit sie den Ausläufern der Lawine entgeht |
ich denke, dass sich die Lage im Khumbu Eisbruch nicht wesentlich verändert hat. Vor einigen Jahrzehnten ist man den Everest von Süden nur in der kälteren Nachmonsun Zeit, also im Herbst, angegangen. Der Grund dafür war der gefährliche Khumbu Eisbruch. Schon Edmund Hillary in den 50 er Jahren befand diesen sich sehr rasch bewegenden Eisbruch als gefährliche Schlüsselpassage. Erst in den letzten Jahren, mit der Verbesserung der Wetterberichte und damit dem exakten Vorhersagen des (beinahe) alljährlichen Wetterfensters im Mai, wird der Mt Everest hauptsächlich in der Vormonsunzeit, also im Frühling, bestiegen.
Früher haben westliche Bergführer maßgeblich an der Routenführung durch den Eisbruch mit- gearbeitet. Dies wurde mit dem "Einführen" der "Icefall doctors", eines lokalen Sherpateams, das jährlich gegen eine saftige Gebühr, den Eisbruch mit Fixseilen und Leitern versichert, beendet. Die Route wurde dann Jahr für Jahr weiter an den nördlichen Rand des Eisfalles verlegt, wo es einfacher war durch zu kommen, da dort das Gelände weniger zerklüftet ist. Damit wanderte die Route jedoch langsam aber stetig immer mehr in den Einzugsbereich der Lawinen von der Westschulter.
Zur Gefahrenbeurteilung muss man aber zwischen kleineren Seracs, die umfallen, bzw. kleinen Eislawinen und den riesigen Katastrophenlawinen unterscheiden. Wenn gleich ein ganzer Hängegletscher Abbricht, wie das bei den Lawinen 2009 und 2014 der Fall war, so ist die Routenführung bzgl. der Sicherheit nahehzu irrelevant. Die Wahrscheinlichkeit einer so großen Lawine ist allerdings geringer.
Für 2015 planen viele Teams wieder verstärkte Einflussnahme durch ihre westlichen, zumeist am Berg sehr erfahrenen, Bergführer auf die Routenwahl der "Icefall doctors"
Wechseln viele Teams auf die Nordseite:
Noch 2006 war die Situation am Mt. Everest durch eine Zweiteilung geprägt. Auf der viel "billigeren" Nordseite waren viel mehr Amateurteams unterwegs, während auf der "teuren" Südseite eher mehr professionelle Teams unterwegs waren. Ausnahme damals war Himex mit dem weltberühmten Expeditionsleiter Russel Brice, der damals auch in vielen TV Dokumentationen über den Mt. Everest mitwirkte.
Die Olympiade in Peking 2008 veränderte dann sehr viel. Die Chinesen hatten damals beschlossen die olympische Fackel auf den höchsten Berg der Welt zu bringen, und haben daher aus Angst vor tibetischen Protesten die Nordseite für Touristen praktisch gesperrt. Dies führte dazu, dass dann nahezu alle Teams auf die Südseite gewechselt haben. Durch die Vorkommnisse mit den Sherpas wechseln derzeit wieder einige Teams auf die Nordseite.
der Mt Everest hat 2 "Normalwege", hier der von Süden, Nepal, jender von Norden, Tibet, geht über den linken Grat |
Ist die Nordseite generell sicherer als die Südseite?:
Grundsätzlich gilt, dass die Besteigung eines Achttausenders natürlich mit einem gewissen Risiko behaftet ist. Da ist natürlich der höchste Berg der Welt keine Ausnahme. Auf der Südseite muss man am Normalweg durch den gefährlichen Khumbu Eisbruch steigen. Natürlich wird man versuchen, die Zeit die man in dem Chaos aus Spalten und Eistürmen verbringt zu minimieren.
Auf der Nordseite muss man dafür in extremer Höhe, zwischen 8300 m und dem Gipfel, 8 850m einen ca. 3, 5 km langen, relativ flachen Grat queren. Hat jemand in diesem Bereich ein Problem, so kann ihm nur sehr schwer bis gar nicht geholfen werden, da man ja niemand in einer Querung einfach abseilen kann. Die Nordseite ist auch wesentlich stärker den üblicherweise von Norden kommenden Jetstreams, den Höhenstürmen ausgesetzt, zumal man sich auf einem Grat befindet.
Generell kann man also sagen, dass beide Seiten ihre Tücken haben. Laut Statistik ist jedoch auf der Nordseite deutlich mehr passiert.
Wie werden sich die Sherpas verhalten?
Das ist meiner Meinung nach das große Fragezeichen. Es gab immer wieder viele Berichte in den Medien über die "armen" Sherpas, die am Berg ihr Leben riskieren würden. Die Sherpas gehören aber - auch aufgrund der Stiftung von Sir Edmund Hillary und deren Schulen im Sherpagebiet - zu den best ausgebildeten Menschen in Entwicklungsländern. Nepal ist eines der ärmsten Länder der Welt und es ist dort k e i n e Selbstverständlichkeit, dass man eine gute Schulbildung hat, geschweige denn gar ein Studium absolvieren kann. Den Sherpas ist es sehr wohl bewusst, wie gefährlich Bergsteigen ist. Auch bei uns im Westen gehen etwa Mitglieder der Bergrettung im vollen Bewusstsein ein gewisses Risiko ein. Sie müssen ja nicht bei der Bergrettung Mitglieder sein. Das selbe gilt natürlich auch für uns Profi - Bergführer im Westen.
Das Sherpaproblem der letzten Jahre ist viel differenzierter. Zum einen ein Generationen problem, zum anderen ein politisches. Um 2005 und 2006 herum stand Nepal am Rande eines Bürgerkrieges, bzw. hat es den in manchen Regionen durchaus auch gegeben. Maoisten haben damals gegen königstreue Menschen auch mit Waffengewalt gekämpft. Da die Sherpas zumeist tief religiös sind, sind natürlich kommunistisch maoistische - und damit antireligiöse - Ansätze in der Sherparegion nicht wirklich durchgekommen. Viele jüngere und/oder gebildete Menschen bzw. mit westlichen Werten in Konakt gekommene, sind aber kaum bis gar nicht mehr religiös, damit auch manche anfällig für maoistische Ideen.Während ältere und in Expeditionsagenturen schon gut etablierte Sherpas auch über ein entsprechendes Einkommen verfügen, fühlen sich junge Sherpas da oft chancenlos.
Vor diesem Hintergrund passierte dann 2014 das große Lawinenunglück im Khumbueisbruch. Die jungen, für maoistische Ideen anfälligen, Sherpas nahmen dies zum Anlass um über die am Mt. Everest ständig präsente Medienwelt ihre Anliegen zu formulieren. In der Wahl ihrer Mittel waren die dann nicht zimperlich. So wurde ein Generalstreik aller Sherpas von einigen im "Ring" organisierten Sherpas ausgerufen. Wer den Streik brechen würde, also trotzdem für vielfach über die Jahre zu Freunden gewordenen Bergsteiger aus dem Westen und dem Osten arbeiten, dem würden die Beine gebrochen. Agenturen, die nicht bereit waren ihre Expeditionen zu stoppen, wurde angedroht die Büros in Kathmandu in die Luft zu sprengen.
Um nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen, und um ihre oft über viele Jahre bewährten Sherpa Teams nicht zu gefährden, haben dann die vom Unfall ohnehin schon geschockten Teams geschlossen den Berg "verlassen".
Es bleibt aus meiner Sicht ein großes Fragezeichen, wie sich die Situation heuer entwickeln wird. Fest steht, dass die Bergsteiger aus der Vorsaison kein Geld zurück erwarten können, und dass vor allem viele sich umsonst auf ihr "once in a lifetime" Ziel konzentriert haben.
Derzeit kann niemand wirklich garantieren, dass sich ähnliche Vorfälle wie im Vorjahr nicht wiederholen. Damit ist eigentlich keine "Vertragssicherheit" gewährleistet. Bei der vielen Zeit und dem vielen Geld die in eine Everest Expedition investiert werden müssen, sollte die Zahl der Bergsteiger signifikant zurück gehen. Dies hatte bereits in der vergangenen Herbst Saison zu empfindlichen Rückgängen der Einkünfte der Sherpas aus dem Trekkinggeschäft geführt.
Wie ist nun die Situation auf der Nordseite? Solange Russel Brice mit Himex auf der Nordseite das verlegen der Fixseile übernommen hatte, waren Teams auf der Nordseite immer früher auf dem Gipfel als jene von der Südseite.
Seit die Chinesen im Noden das "Ruder in der Hand" haben, werden die Fixseile erst dann fertig, wenn diese die Chinesen selber benötigen. Damit können viele Hochlager erst sehr spät eingerichtet und bezogen werden, was wiederum für den "Akklimatisierungs Fahrplan" große Auswirkungen hat. In den letzten Jahren wurde von Norden immer deutlich nach dem Süden der Gipfel erreicht, bzw. relativ knapp vor den katastrophalen Schneefällen der ersten Monsunausläufer. Auch gab es immer wieder Probleme mit Visa für Bergsteiger für Tibet. Besonders problematisch wurde es immer dann, wenn in Tibet irgendwelche Unruhen oder Protestaktionen durch Tibeter bekannt wurden. Diese sind für uns aus dem Westen auch sehr schwer im Voraus einschätzbar.
Wie ist die Rolle westlicher Berführer bzw. Spitzenbergsteiger in Nepal nun?
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation heuer entwickelt. Zu hoffen ist, dass sich allgemein die Vernunft durchsetzt. Es muss den Sherpas, die die Proteste organisieren, klar sein, dass bei derartig hohen Kosten für eine Expedition, auch eine gewisse Zuverlässigkeit einfach notwendig ist.
Die Regierung in Nepal hat für heuer vorgeschrieben, dass jeder westliche Bergsteiger einen Sherpa guide verpflichtend anheuern muss. Vor diesem Hintergrund scheint es lustig, wenn etwa ein Ulli Steck für den Everst Westgrat einen Sherpa Führer mitnehmen müßte.......
Gipfelgrat mit Hillarystep im Mai 2006 |
Gipfelgrat mit Hillarystep im Mai 2008, man erkennt deutlich weniger Schnee...... |
der Mt. Everest von Norden, also dem tibetischen Rongbuk aus gesehen. Der Normalweg geht entlang dem linken Grat |
Wie ist eure Meinung zu diesem Thema? Es ist sicher interessant, über die Situation in Nepal zu diskutieren.
Erneut ein interessanter Beitrag. Kann man eigentlich sagen, dass die Nordseite konditionell anspruchsvoller ist und man länger in der "Todeszone" ist, während die Südseite schneller aber technisch schwieriger ist?
AntwortenLöschenDass sich ein Steck, andere Vollprofis und schlicht jeder Everest Aspirant von der nepalesischen Seite einen Sherpa nehmen müssen mutet wirklich seltsam an. Permit schön und gut, aber das geht für mich zu weit! V.a. wie ist das genau geregelt? Dann nehmen sich die Besten halt offiziell einen Sherpa, bezahlen ihn und sagen ihm anschließend: "Passt, hier ist dein Lohn! Ich gehe allein, du kannst im Basislager warten." Absurd.
So würde ich das nicht formulieren. Top Kondi benötigst für einen hohen Berg sowieso immer. Die Nordseite ist eher flacher, dafür länger (weiter) über 8000 m. Das höchste Lager vor dem Gipfel ist halt auf der Südseite am Südcol (7 980m, also praktisch 8000 m) auf der Nordseite ca 8300m. Auf der Südseite ist ein Großteil des Anstieges bis zum Südgipfel auf Schnee bzw. in Falllinie, während man auf der Nordseite ewig, also ca. 3, 5 km lang, quert.
LöschenWas vielleicht schon entscheidend ist, wieviele Tage und Nächte man in der "Todeszone", also auf über 7500 ist. Das macht ja den gravierenden Unterschied zwischen den hohen 8000 ern und den "niedrigen", die meist eher knapp über 8000 Gipfelhöhe haben. Es halt schon was Anderes, ob ich auf 8 300 noch einmal übernachten muss um dann auf den Gipfel zu gehen, oder ob ich auf z. b. 8035 m schon am Gipfel bin und auf rund 7500 geschlafen hab.
Wie sich die nepalesische Regierung das heuer mit den verpflichtenden Sherpa "guides" für jeden im Detail vorstellt.....bin gespannt wie die das Regeln.