Ein Leben als Profi - Bergführer, Traumberuf oder ein verrückter Spleen?
Sein ganzes Leben in den Bergen verbringen, immer mit Gästen auf "Urlaub" zu sein - das klingt vordergründig sehr verlockend, um nicht zu sagen für viele Menschen wäre das der Traumberuf schlechthin.
Hat sich das Berufsbild in den letzten Jahren stark verändert? Wie hat sich die Wirtschaftskrise auf den Beruf ausgewirkt? Wie lebt es sich mit einer Familie, wenn man ständig einem gewissen Risiko ausgesetzt ist? Wie veränderte sich das rechtliche Umfeld bei internationaler Tätigkeit? Was passiert im Falle eines Unfalles eines Gastes? Von was lebt ein Bergführer, wenn er verletzt ist? Können Bergführer reich werden? Wieviel ihrer Zeit verbringen Bergführer eigentlich Zuhause? Seine Passion zu Leben ist eben offensichtlich nicht bequem.
Unsere Erde ist rund und dreht sich weiter. Selbstverständlich sind wir selber und alles Andere auf der Welt ständig in einem gewissen Entwicklungsprozess. So auch das Freizeitverhalten der Menschen. Vor Jahren gab es Bergsteiger, Radfahrer oder auch z. B. Läufer. Jeder hat "seine" Disziplin mit einem gewissen Ernst und mit Konsequenz betrieben. Heute zappen viele von einer Sportart zur anderen. Wenn sich ein Bergsteiger z. B. ein neues Moutainbike zulegt, kann es schon sein, dass er in den nächsten Jahren hauptsächlich am Rad sitzt und viel weniger Klettern geht.
Die wichtige Konsequenz daraus ist, dass es heute nur noch sehr wenige "gestandene Bergsteiger" gibt, die über Jahre Bergsteigen betreiben und sich so eine gewisse "Selbstverständlichkeit" beim Verhalten in den Bergen aneignen konnten. Durch das "Zappen" in die verschiedenen Sportarten entsteht zwar eine enorme athletische Fähigkeit, die dann jedoch den Mangel an Erfahrung und Gefahrenbewußtsein überlagert.
Eine weitere Problematik stellt das zunehmende "Konsumverhalten" auch in den Bergen dar. "Ich habe einen Gipfel bestellt, dann will ich das auch unter allen Umständen haben. Wenn das nicht klappt, so will ich mein Geld zurück." Eine solche Mentalität finden wir leider auch zunehmend unter den Kunden von Bergführern, was diese dann auch zunehmend unter Druck setzt. "Gipfelgeile" Kunden, die nur der von ihnen "bestellte" Gipfel interessiert, stellen ein Problem dar. Denn solche Kunden erwarten selbstverständlich, dass man bei schlechtem Wetter oder gefährlichen Bedingungen, wenn es nur halbwegs möglich ist, geht. Oder eben auf besseres Wetter verschiebt. Gefragte Profis sind aber üblicherweise die ganze Saison ausgebucht und warten eben nicht auf der Hausbank, bis das Wetter paßt. Davon kann man nämlich nicht leben. Zu einem anderen Termin, haben diese schon die nächsten Kunden. Die Lösung kann nur in einer Flexibillität bezüglich des Zieles liegen. Da muss man sich den Kundenstock eben etwas "erziehen".
Gleichzeitig erwarten viele Kunden eine Sicherheitsgarantie. Ein solches Sicherheitsdenken gepaart mit dem heute üblichen sofortigem suchen nach "Schuldigen" und finanzieller Entschädigung im Falle eines noch so kleinen Unfalles führt natürlich auch zu einem veränderten Umfeld. Eigentlich sollte jedem klar sein, dass man ohne ein gewisses Risiko eingehen zu wollen, eben auf keinen Berg steigen kann.
Will man wirklich hauptberuflich als Bergführer leben, so ist eine internationale Tätigkeit verbunden mit intensivem Reisen unumgänglich. Viel zu kurz bzw. witterungsanfällig sind die Saisonen in den Alpen. Dies führt zu langen Zeiten des "Alleinseins". Klar, der Preis für jede Führungsfunktion ist eben Einsamkeit. Es ist aber nicht selbstverständlich, dass eine Partnerschaft oder Familie solchen Belastungen über Jahrzehnte standhalten kann.
Eng wird es für eine Bergführer dann, wenn er sich selbst verletzt. Dann hat man schlicht und einfach überhaupt kein Einkommen. Es gibt zwar Verdienstentgangsversicherungen, dabei ist man aber im Bergführerberuf in einer derartigen "Risikostufe" eingestuft, dass diese nicht finanzierbar ist.
Ereignisse in jüngster Zeit führten uns auch vor Augen, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine internationale Tätigkeit in Zeiten von Globalisierung, Dienstleistungsfreiheit in der EU und dem Stopfen noch so kleiner "Steuerschlupflöcher" der einzelnen Alpenstaaten, immer schwieriger werden. Man muss sich schon wirklich gut in der Materie auskennen, und auch die entsprechenden Fremdsprachen können, um sich bei den einzelnen Regelungen gut zurecht finden zu können. Im Falle eines Unfalles im Ausland droht da teilweise schon mal die Gefängniszelle!
Für all diese "unbequemen Umstände" und dem noch dazu manchmal sprichwörtlich lebensgefährleichen Job, ist das Einkommen eines Bergführers geradezu lächerlich. Trotzdem entscheiden sich Jahr für Jahr viele talentierte und idealistisch veranlagte Menschen dazu, diesen Beruf auszuüben.
Das Bewusstsein, die meiste Zeit seines Lebens in seinem Beruf zu verbringen, motiviert offenbar bergbegeisterte Menschen dazu, Bergführer zu werden. Auch wenn es phasenweise nicht leicht ist, davon wirklich leben zu können. Hat man sich jedoch einmal einen guten Kundenstock erarbeitet und entsprechende internationale Erfahrungen gesammelt, so ist und bleibt der Beruf für mich ein sportlicher Traumberuf.
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