Mittwoch, 18. Februar 2015

Spuranlage - die Visitenkarte des Tourengehers

Spuranlage - die Visitenkarte des Tourengehers

Wenn man den ganzen Winter in seinem Beruf als staatl.geprüfter Berg- und Schiführer unterwegs ist, so wird man zwangsläufig immer wieder mit kuriosen und manchmal auch gefährlichen Situationen konfrontiert. Während der Touren hat man dann oftmals viel Zeit, über die erlebte Situation nach zu denken. Dabei überlege ich mir dann immer wieder, was in den Köpfen von so manchen Tourengehern vor geht, bzw. warum diese oder jene Situation so ist. Was könnten oder müßten wir in der Alpinen Ausbildung noch verbessern, damit wir die Sicherheit erhöhen?

Als Profi am Berg ist man ja eigentlich nichts Anderes, als eine Art "Sicherheits Wau Wau" und somit ständig bis ins tiefste Unterbewußtsein hinein hellhörig in Punkto Alpine Gefahren.

Manchmal trifft man am Ausgangspunkt einer Schitour andere Bergsteiger, begrüßt sie freundlich und fragt welches Ziel sie den hätten. Dabei ist es mir schon öfter passiert, dass ich zur Antwort bekam, wir wissen es nicht genau, wir gehen halt der Spur da nach. Solche Gruppen können doch überhaupt keine Tourenplanung gemacht haben, wenn sie nicht mal wissen, wie ihr Ziel heißt, oder? Man fragt sich dann unwillkürlich auch über die Risikotoleranz solcher Personen, und wundert sich nur, dass nich noch mehr passiert.

Spuranlage - ein wichtiger Baustein in der Schitourenausbildung

Viele Tourengeher gehen also scheinbar völlig kritiklos irgendeiner Spur nach, obwohl sie natürich nicht wissen können, wer diese gelegt hat. Oft ist es auch nicht erurierbar, von wann diese Spur stammt, bzw. bei welchen Verhältnissen diese gelegt wurde. 

Neulich war ich wieder einmal mit einer Gruppe am Gamsfeld, einer sogenannten "Modeschitour" bei uns in der Osterhorngruppe. Wir hatten es "gut erwischt", wie man so sagt. Da wir noch unter der Woche untewegs waren, gab es gerade genug Neuschnee für eine tolle Abfahrt und die Hänge waren noch nicht platt gefahren. Trotzdem - wie ja auf Modetouren häufig - war schon eine Aufstiegsspur angelegt.

Martin Edlinger in voller Fahrt!

Selbstverständlich kann jeder jederzeit eine eigene Spur anlegen. Trotzdem ist es scheinbar im Menschen drinnen, dass er zualllerst einer bereits vorhandenen Spur nachläuft. - Ist es nicht im "normalen, zivilen" Leben genauso? Der Herdentrieb ist im Menschen einfach stark ausgeprägt. Niemand, vor allem Bergsteiger, will das so. Jeder fühlt sich individuell verschieden. Aber alle zusammen sind trotzdem wieder "die Herde", und verhalten sich auch entsprechend. Übrigens, auch mir als Bergführer geht es am Berg manchmal so.

In unserem Fall bin ich der vorhandenen Spur natürlich gefolgt. Anfangs kein Problem, der Weg geht ja entlang einer Forststraße. Aber sobald wir in den Wald abbogen änderte sich die Situation. Die Spur wurde immer steiler und steiler. Wir begannen an manchen Stellen sogar mit den Fellen zu rutschen.  Es war an der Zeit eine eigene Spur zu wählen, was ich natürlich auch machte. Im Verlauf unserer Tour versuchte ich später an der einen oder anderen Stelle wieder in der flacher scheinenden Spur zu gehen, war aber bald wieder gezwungen, zum Großteil selber eine flachere Spur zu machen.

Natürlich ist es für mich kein Problem eine eigene Spur zu spuren, aber es fällt mir schon auf, dass generell beim Schitourengehen in den letzten Jahren, immer steilere Spuren gelegt werden, und dass man mittlerweile wirklich viele Tourengeher sieht, die diese extrem steilen Spuren in einem Affentempo hochhetzen.
Das wäre an und für sich auch kein Problem, wenn nicht dann mittendrin verzweifelte "Normalverbraucher" hoffnungslos in der zu steilen Spur herumrutschen, an den Spitzkehren oftmals umfallen, und schließlich irgenwo in der Tour eigentlich sinnlos "stranden" würden. Oder viel schlimmer, wenn sich die Sicherheitslage schlicht und einfach verändert hat. Man bei der momentanen Gefährdung, in diese Steillage eben nicht so hineingehen, oder fahren dürfte.

Praktisch nie, oder extrem selten, sieht man jemand zusätzlich zu offensichtlich zu steilen, oder gar falsch in den Steilhang hinein angelegten Spuren, eine eigene Spur zu machen. Warum eigentlich?

Einige Zeit später, das Wetter hatte sich mittlerweile auf die "frühlingshafte" Steite geschlagen, die Schneedecke aber noch nicht voll "gesetzt". Ich traute der ganzen Sache Punkto Lawinen also noch immer nicht so richtig.

Diesmal waren wir als kleine Gruppe am Dachstein unterwegs. Um zum Einstieg zu gelangen, muss man von der Dachsteinwarte, also von Osten kommend, einen zunehmend steiler werdenden Gletscherhang hinaufgehen. Im Zentrum hat der Hang über 30 Grad und - ich glaub es ist rund ein oder zwei Jahre her, dass ein riesiges Schneebrett genau dort abgegangen ist. Verschüttet wurde damals zum Glück niemand.

Als wir den Hang erreichten, sah ich eine "schöne", gleichmäßig steile Spur mitten ins steilste Zentrum des Hanges hinein gehen. Mitten in der steilsten Passage wurden dann noch die Spitzkehren angelegt. Und mitten in der "Extremspur" purzelten einige Bergsteiger munter herum.


Wir gingen in einer einzigen großzügig angelegten, flachen Schleife Richtung Niederen Dachstein unter dem Steilhang durch und kamen mit einer 4-takter Kehre und einer Spitzkehre zum Einstieg des Dachsteins. Den Gipfel erreichten wir dann entlang des Klettersteiges natürlich ohne Schi. Nach einer wunderbaren Gipfelrast, kamen wir wieder zu unserem Schi Depot.

Traumtag am Gipfel des Dachsteins

Ich traute meinen Augen nicht. Munter gingen da Schitourengeher weiterhin hartnäckig die steile Spur mitten in den Steilhang hinein direkt zum Einstieg. Meiner bequemen u n d viel sichereren Spur folgte aber niemand. Offensichtlich hatte sich kein einziger der Tourengeher offenen Auges ins Gelände begeben. Und offensichtlich wurde bzw. wird, häufig kritiklos ohne Überlegung der direkten Spur nachgelaufen. Wieso ist das so? Wird ganz allgemein der Spuranlage in der Ausbildung zu wenig Wert beigemessen? Oder sind viele Tourengeher "Konsumenten" eines allzu kurzen und billigen "Schnellsieder Theorie Werbekurses"?  (Was nix kost, ist üblicherweise auch nix wert!) Oder haben viele überhaupt keine Ausbildung und kommen rein vom "Pistengehen" halt ab und zu ins Gelände?

Übrigens: bei den Schitouren Rennserien von ASKIMO.at bzw. bei den Weltcuprennen wird die Spur sehr f l a c h angelegt. Die Athleten sind in der flachen Spur viel schneller, mit wesentlich höherer Trittfrequenz unterwegs. An einer zu steilen Spur wäre die Belastung viel zu intensiv und die Athleten daher nicht nur viel langsamer, sondern auch viel zu schnell "blau". Bei vergleichen sind die "richtigen" Rennläufer also in einer flachen Spur deutlich schneller unterwegs und können ihr gewähltes Tempo auch wesentlich länger halten! Also ist es eigentlich auch vom "Trainingsgedanken" her ein völliger Unsinn, extrem steile Spuren, in  noch dazu extrem gefährliches Steilgelände zu legen.

ausgezeichnete Seite zum Thema Schitouren Rennen: www.askimo.at









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