Dienstag, 1. Dezember 2015

Bergsteigen und Sponsoring - Geldverdienen als Profi Athlet



Als ich vor mittlerweile einigen Jahrzehnten begann, hauptberuflich während des ganzen Jahres als Bergführer zu leben, gab es nicht wenige Stimmen in der "Bergsteigergemeinde", die es für "ethisch nicht korrekt" hielten, mit Bergsteigen Geld zu verdienen. Nun gibt es bekanntlich verschiedenste Möglichkeiten vom Bergsteigen hauptberuflich zu leben. Neben der - mittlerweile völlig legitimierten Bergführerei - zum Beispiel die Produktion von Bergfilmen, oder eben als gesponserter Athlet.
Über den Wolken ist die Freiheit noch grenzenlos?
Welche Faktoren beeinflussen nun ein geplantes Sponsoring? Auf der einen Seite sicherlich die mediale Präsenz des Athleten und auf der anderen Seite seine "Performance", hier also die Leistung am Berg. Ein großes Problem für potentiell gesponserte Athleten stellt sicherlich das Fehlen eines Publikums dar. Wenn etwa ein Fussballspieler Woche für Woche zehntausende Zuschauer in einem Stadion begeistert und danach noch in den Fernsehnachrichten medial vorkommt, so hat ein potentieller Sponsor seine Gegenleistung.
Bergsteiger haben also kein "live Publikum" und kommen so gut wie nie in Fernsehnachrichten vor. Dies schränkt naturgemäß potentielles Sponsoring stark ein.

Daher gab es früher eine Notwendigkeit, dass Profi Bergsteiger über ihre "Heldentaten" nach Vollendung darüber berichten. Die Möglichkeiten dazu waren jedoch beschränkt: es gab Diavorträge vor Publikum, Berichte in Hochglanzmagazinen und eventuell Bücher, so der Athlet überhaupt in der Lage war, entsprechend zu Formulieren.
Grundsätzlich funktionierte das aber nur, wenn man den Berichten der Athleten auch trauen konnte, also wahrheitsgetreu berichtet wurde. In der Vergangenheit gab es da ja einige spektakuläre Fälle von "alpinem Münchhausentum".
ein Camp im Himalaja - wenig Platz, aber gutes Wetter

Die technische Weiterentwicklung und die negativen Erfahrungen mit "nicht ganz korrekten Berichten" führten schließlich dazu, dass sich das Dokumentieren der "Aktionen" im Zuge des Profi Bergsteigens weiterentwickelt hat. Zumindest wird heute eine natlose Erfassung der Touren in GPS tracks, die Produktion von Video sowie die Erstellung von Fotomaterial standardmäßig in professioneller Qualität betrieben. Die beiden Ukrainer Fomin und Balabanov haben zum Beispiel ihre Tour am Talung (7349m) im östlichen Himalaja minutiös dokumentiert und auch ein genaues Topo der Tour veröffentlicht. Andere Athleten berichten zum Teil zumindest bereits live aus den Bergen. Kenton Cool aus England zum Beispiel hat den ersten live Bericht mittels eines Samsung Handys vom Gipfel des Mt. Everest übermittelt.

Soweit zur Seite der Berichterstattung der Profi Athleten. Diese ist also in letzter Zeit zunehmend eher leichter geworden. Eindeutig ist hier der Trend hin zu bewegten Bildern und life Berichten im Internet.
Wie schaut es nun auf der Seite des "Produkts", also mit der Leistung der Athleten aus?
Da wird die Luft naturgemäß immer dünner. Die Profi Kletterer haben das Problem, dass sich der "gwöhnliche Kletterer" bzw. der potentielle Konsument eines Berichtes oft absolut nicht mehr vorstellen kann, was nun wirklich der Unterschied zwischen einer Kletterroute von 7c, 8a oder 9a sein soll. Ich denke, dass es unmöglich ist, das in einem Bericht "rüber" zu bekommen. Wenn ich mir Bilder eines Kletterers in einer entsprechenden Route anschaue, so sehe ich immer nur einen Menschen, der in akrobatischen Verrenkungen und schönem "geilem" Outfit an irgendeinem Überhang hängt.
Sturm im Himalaja

Beim Bergsteigen haben die Athleten dann andere Probleme. So sind die Ziele natürlich nicht immer erreichbar. Will er aber im kommenden Jahr Besucher in seinen Vorträgen haben, bzw. Sponsorgelder lukrieren, so entsteht da ein enormer Existenzdruck. Interessant zum Beispiel die Ziele eines Uelli Steck in 2015. Im Sommer das gut gelungene Projekt auf allen 4000 ern der Alpen zu steigen. Im Herbst ist ihm dann das Projekt Nuptse gescheitert, worauf der kurzerhand eine Speed Rekord in der Eiger Nordwand hingelegt hat. Sein Manager reibt sich sicherlich die Hände, Plan B hat offenbar funktioniert.
Anders hingegen die Huber Buam. Ihr Bericht (Kurzfilm) auf bergsteigen.com über die Latok Expedition im Karakorum hatte eher peinliche Kommentare, denn Begeisterungsstürme produziert. Offenbar fehlte es an einer systematischen Jahresplanung oder einem Plan B. Ich hab jedenfalls nichts entsprechendes in den alpinen Medien wahrnehmen können.

Um nachhaltig von der Vermarktung seiner spektakulären Ziele leben zu können, muss ein Athlet also in regelmäßigen Abständen ensprechende Ziele auch verwirklichen u n d dokumentieren können. Das hat zur Folge, dass er sich selber auch regelmäßig "übertrumpfen" muss, also in einer Spirale immer riskantere Unternehmen gefangen wird. Und damit steigt natürlich auch die "Gefahr des Scheiterns".

Darüber hinaus gibt es natürlich auch gewisse Grenzen. Wie oben schon angedeutet, kann das Publikum nur begrenzt mit immer neuen und höheren "Schwierigkeitsgraden" beeindruckt werden. Dazu kommt noch, dass neben der Gefahr natürlich auch - wie in jedem anderen Sport - auch Bergsteiger mit zunehmendem Alter mit den "neuen jungen Wilden" nicht mehr "mithalten" können, oder eben nicht mehr mithalten wollen, da sie entsprechend weniger "Risikotolerant" sind.

Ein altersbedingter "Ausstieg" aus der Spirale ist dann zwingend notwendig. Nur wie könnte der dann aussehen?



 

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