Donnerstag, 8. Oktober 2015

hart härter am härtesten - Patagonien solo im Winter

Hart, härter, am härtesten - Patagonien, Patagonien im Winter, 

Patagonien solo im Winter

 

Bis vor noch gar nicht langer Zeit galten Klettertouren in Patagonien als Inbegriff des superharten Bergsteigens. Extreme Stürme, Wetterstürze und super harte Routen gewürzt mit Fels und Eis. Undenkbar schien da eine Steigerung der alpinistischen Leistung.

Die Grenze zwischen respektierter Superleistung  und heftig kritisiertem Maximieren des Risikos stellte das Solo von Markus Pucher an der Ragni Route des Cerro Torres bei absolut schlechtem Wetter dar.

die "Torres", Cerro Torre, Torre Egger, und Torre Standhardt, von li nach re. Bild: Marc Andre Leclerc

Nun, die Spirale dreht sich weiter. Offensichtlich waren die Grenzen noch immer nicht erreicht. Es gab bereits einige ganz wenige Begehungen der berühmten Türme vor dem patagonsichen Innlandeis im Winter. Unter anderem von keinen geringeren als z. B. Thomas Huber und Stefan Siegrist und einigen ganz wenigen Bergsteigern.  Ihrer Zeit weit voraus waren dann  noch Tommy Bonapace and Toni Ponholzer mit der ersten Winterbegehung des Cerro Standhardt, via der Route Exocet am 2. September 1990.  Undenkbar schien es allerdings bis dato, solch extreme Touren während der extrem kurzen Tage  Winter auch noch im Solo zu unternehmen.

Die "neuen jungen Wilden" zeigen offenbar keinen Respekt und wagen das scheinbar Unmögliche. Markus Pucher aus Österreich versuchte die Ragni Route am Cerro Torre im Winter Solo, wurde aber durch starken Sturm und extrem schlechten Eisbedingungen zum Umkehren gezwungen. Er bewies für mich durch seine Umkehr, dass er sehr wohl eine verantwortungsvolle Risikobeurteilung macht, und es sich bei seinen superharten solos keineswegs um "gedankenloses Lottospielen" handelt.

Der erst 26 jährige Kandadier Marc Andre Leclerc wiederum zog alleine, allerdings zum Ende des Winters, also die Tage um den 20. September von El Chalten ins Nipponino Camp. Völlig alleine absolvierte er erstmal einige "Eingeh Solos", bevor er sich an die Routenkombination Tomahawk 450 m M7 WI 6 und Exocet 500 m WI 5  5 + am Cerro Standhart machte.
Zur Erklärung der Schwierigkeiten: die Gesamtlänge der Routenkombination beträgt also 950 m, davon an der Tamahawk Mixed 7 (Fels und Eis gemischt) und Wassereis 6, bzw. Wassereis 5 in der Exocet und im Fels 5 + .
Die Tatsache, dass er exakt nach dem Kallender betrachtet nicht mehr im Winter unterwegs war, schmälert meines Erachtens seine Leisung kaum. Die Bedingungen ändern sich da nicht innerhalb weniger Tage von Winter auf Sommer. Außerdem ist die größte Herausforderung völlig auf sich allein gestellt in der sturmumtosten Wildnis Patagoniens unterwegs zu sein. Trotzdem für Statistiker gilt natürlich die strenge Wahrheit, dass es sich also um keine "echte" Winterbegehung handelt.

Tomahawk im unteren Wandteil, Bild: Leclerc

Ich persönlich denke, dass die mentale Grenze im Kopf, gerade beim Bergsteigen im super extremen Bereich, sehr viel ausmacht. Denke das Unmögliche, versuche das Unmögliche, so wirst du letztendlich das Unmögliche möglich machen.
Ist diese Grenze einmal durchbrochen, dann ist es zum "realen Aufbruch" nur noch ein kleiner Schritt. Tatsächlich würde ich aber sagen, dass der erste Schritt auch der am schwersten zu machende ist. Solche mentale Stärke hat Marc Andre Leclerc schon im Februar 2015 bewiesen, als er die Cork- screw link-up, also eine Verbindung von der Kompressor Route (SO Grat) zur Ragni Route der Westwand des Cerro Torre erstmals im Solo zum Gipfel des Torre kletterte!

Der größte ist der Cerro Torre, der zweitgrößte Turm wurde zu ehren des Osttiroler Bergsteigers Toni Egger, der zusammen mit Cesare Maestri legendärer Pioniers des Bergsteigens in dieser Ecke der Welt war, Torre Egger benannt. Der dritte Turm, zwar der kleinste, aber trotzdem sehr schwierig zu besteigende Turm, heisst nach einem nach Argentinien ausgewanderten deutschen Fotografen Ernst Standhardt (geb. 1888). Er kam in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts nach Patagonien und machte viele der ersten Fotos von den geheimnisumwitternden Bergen hier.

Marc Andre Leclerc berichtet, dass er im unteren Teil, also der schwierigeren Tomahawk, sogar einen Handschuh auszog, um sich besser im Fels halten  zu können. Weiters hatte er das Glück, perfekte Eisverhältnisse vorzufinden. So war es ihm möglich mit äußerst wenig Sicherung die schwierigen Seillängen der vereisten Offwidth Risse zu klettern. Offenbar ist er sogar die schwierige Felslänge vom Ende des Kamins der Exocet zum Gipfeleis mit Steigeisen geklettert.

Querung vom Ende der Kaminreihe zum Gipfelgrat, Bild: Leclerc

Kletterei in Exocet, Bild: Marc Andre Leclerc

Der Gipfeleispilz hatte, wie öfters an den Torres, einen Eistunnel. Im Auftieg bereitete der Tunnel keine gröberen Schwierigkeiten. Doch zum Abseilen musste er sich sehr lang und schmal machen, um mit den Steigeisen an den Füßen durchrutschen zu können. Großes Glück hatte Marc Andre Leclerc dann noch einmal beim Abseilen, als ihm bei einem fixen Standplatz ein Klemmkeil bei Belastung herausging. Es gelang ihm aber, den Keil neu zu legen und mit einem Eisgerät fest zu hämmern.
Marc Andre Leclerc am Gifpel des Torre Standhardt, Bild: Lerclerc

Eine gefährliche Situation stellte am Gletscher die Überwindung einer großen Spalte dar, bevor er schließlich müde aber zufrieden in sein Zelt beim Nipponina Lager kriechen konnte.

Ich persönlich finde die "Spielart Solo Winterbergsteigen in Patagonien" als eine der härtesten Disziplinen des Bergsports überhaupt. Vielleicht noch erreicht von Solos an den entlegenen Felstürmen in Queen Maud Land/Antarktis, wie das etwa Mike Liebeky betrieben hat.

Im Gegensatz dazu sind Solos an den Achttausendern eher "harmlos", da man heute praktisch an keinem Achttausender in irgendeinem Lager wirklich alleine ist, - zumindest an den Normalwegen.
Was meint ihr dazu?




 

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