Sonntag, 27. Mai 2018

Zwei Jahre unbedingtes Gefängnis für Sportkletterlehrer


Das extreme Sportklettern entwickelt sich ja schon länger ähnlich wie das Leistungsturnen, zu einer "Kindersportart".

Immer mehr Kinder finden ihren Weg in die internationalen Schlagzeilen der bunten Klettermagazine und selbstverständlich auch ins Internet.

Umso größer war vor einigen Jahren die Betroffenheit,  als der 12 jährig Tito Traversa in Südfrankreich bei einem sehr, sehr tragischen Kletterunfall ums Leben kam.

Was war passiert? Anläßlich einer Kletterreise, veranstaltet von einer Kletterhalle, mit einer Gruppe von 9 jugendlichen Italienern, begleitet von drei Erwachsenen, nach Orpierre in Südfrankreich, kletterte der kleine "Star" eine für ihn einfache Route zum Aufwärmen (ca. 6c, sein Niveau lag schon um 8a). Er hängte 12 geliehene Expressschlingen ein, und als er die oberste Schlinge belastete, rissen 7 durch, und der kleine Tito fiel bis auf den Boden. Später stellte sich heraus, dass offenbar sämtliche Expressen falsch zusammen geklippt waren. Ein Karabiner wurde  nur durch die Gummifixierung gefädelt anstatt auch durch die Schlinge. Diese Gummifixierungen sind dann gerissen.....Zusammengestellt wurden die Expressen von einer begleitenden Mutter, die nichts mit dem Klettern am Hut hat.

Wie bei jedem (tragischen) Unfall kam es selbstverständlich zur genauen Untersuchung des Unfallherganges. Aufgrund des Ergebnisses wurde nun ein Sportkletterlehrer zu zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt.

Der Vater des Jungen Tito findet, dass ausser dem Kletterlehrer noch mehrere Personen der Herstellerfirma und der  veranstaltenden Kletterhalle angeklagt gehört hätten, und ist mit dem Urteil daher nicht zufrieden.

Für mich ist dieser Vorfall tatsächlich sehr interessant zu beobachten. Aufgrund der Beteiligung eines so jungen Unfallopfers trifft einen dieser Unfall natürlich besonders  emotional.

Zur Beurteilung der Fakten sollte man aber mal die Emotionen beiseite lassen können. Ich finde, dass ein Kletterer, wenn er bereits in einem Niveau von um die 8a klettern kann, auch ein gewisses Maß Eigenverantwortung tragen kann.  Jedenfalls wenn es um kletterspezifische Themen wie etwa Expressen geht.
Auf der anderen Seite hatten die Erwachsenen natürlich die "Aufsichtspflicht". Neben einem Skitourengeher, der eine Lawine auf eine Skipiste auslöste, ist dies der zweite mir bekannte Vorfall, wo in Italien an "Bergsteigern" eine unbedingte Haftstrafe anläßlich eines Unfalles verhängt wurde.
Symbolbild, Standplatz

Über die höhe der Strafe des Kletterlehrers kann man da meiner Meinung nach tatsächlich diskutieren. Ist es für eine Person, auch wenn es sich um ein "Kind" handelt, zumutbar, auf Grundlagen in der Ausübung einer Sportart eigene Verantwortung  zu übernehmen?
die Paragrafen haben das Klettern erreicht, aber wohin führt das?

Ich denke, wenn ein Kind schon über eine derartige Erfahrung beim Klettern verfügt, wie es ein Kletterer, der im 8a Bereich unterwegs ist haben muss, so kann man auch erwarten, dass es gewisse Dinge eigenverantwortlich macht. Die Sicherung richtig einlegen, oder eben die Expressen checken. Der begleitende Kletterlehrer hatte jedenfalls eine Aufsichtspflicht und daher müsste er alles nochmals checken. Aber auch bei jemand, der schon 8 a klettert?

1 Kommentar:

  1. So ohne Details zu kennen kaum zu beurteilen. Aber ich würde eher widersprechen, dass ein 12 jähriger Junge da selber verantwortlich ist. War es den Exen überhaupt ansehbar, dass sie falsch zusammengebaut waren? Wenn mir ein Kletterpartner Material zum Klettern gibt, geh ich eigentlich auch davon aus, dass es klettertauglich ist und überprüfe das nur oberflächlich. Hätte mir also auch passieren können, wenn man es nicht leicht erkennen konnte. Mich würde interessieren, inwiefern der Kletterlehrer wußte, dass die Exen von einer Dilletantin zusammengesetzt wurden. Dann hätte er sie natürlich akribisch prüfen müssen. Aber muss er die gesamte Ausrüstung der Teilnehmer prüfen? Und wieso ist diese Mutter nicht mit verurteilt worden? Wenn ich ohne Ahnung von Autos jemanden die Bremsen "repariere" und der damit tödlich verunglückt, bin ich doch auch nicht unschuldig, oder?

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