Dienstag, 10. Oktober 2017

Francek Knez - oder Gedanken zum Tod eines der letzten "Helden der Berge"

Wer war nun Francek Knez?

"Knez wer?", höre ich einen Freund von mir sagen. Mein Freund, ist so ein typischer "Athleten Kletterer", groß geworden in einer der wie Schwammerl aus dem Boden schießenden Kletterhallen. Mit "Abenteuer Klettern", oder dem "großen Bergsteigen" hat er laut Eigenaussage nicht viel am Hut. Geklettert wird heute in viel höheren Schwierigkeitsgraden, von blitzenden Bolt zu Bolt, völlig ohne Angst und Abenteuer.

Und anstatt - wie ich - Erlebnis Literatur über wilde Bergtouren und Erstbegehungen zu verschlingen, wird intensiv nach den neuesten Trainingsapps gegoogelt und diese dann am Smartphone installiert.

Ist es ein Generationsunterschied? Oder wurde die "Alpine Heldenliteratur" auch früher eher selten verschlungen, und bin ich mit meinem Interesse daran eine eherne Ausnahme, ein exotisches Faktotum so zu sagen?
Anica Kuk

Meinen ersten Kontakt mit dem Namen des slowenischen Bergsteigers hatte ich Anfang der Achtziger Jahre. Die steirische Bergsteigerszene war damals recht viel im "yugoslawischen Yosemite", der Schlucht des Paklenica Nationalparks im kroatischen Velebitgebirge, unterwegs. Man konnte schon damals hier die Saison verlängern und Klettern an einem unvergleichlichen Fels mit dem Meer kombinieren.
Knez in einem patagonischen Sturm

Kaca, die Schlange, heisst die Route, die heute mit 6a + (entspricht ca. VII -) bewertet wird. In unseren Topos von damals war die Route jedoch mit V+ bewertet. Sie zieht durch den rechten Teil der NW Wand am Anica Kuk, dem größten Gipfel der Region, immerhin rund 350 m hoch. Selbst mit dem damaligen Kletterstil, sich an allem und jedem fest zu halten bevor man "abging", ist uns die Route enorm schwer gefallen. Klar, es gab in dem Gebiet noch keine Bohrhaken und die paar Schlaghaken die es gab, waren vom Rost in einzelne hauchdünne Schichten zerfressen, würden einem Sturz also kaum widerstehen. Und ein Blick auf die messerscharfen Felskanten an jeder Ecke vertrieb automatisch jegliche Risikobereitschaft. Mit Keilen, Schlingen, Hexentrics und Schnüren kämpften wir uns irgendwie höher. Wenn das V+ sein soll.....Knez eben.

Später (1988), wir waren mittlerweile schon in Patagonien klettern, begegnte mir der Name Knez während meiner Vorbereitungen zu einem Klettertrip zum Cerro Torre. Der Name Knez stand 1983 in Verbindung mit der Erstbegehung der Route Devils Dihedral am Fitz Roy, 1986 dann mit der Direttissima an der Cerro Torre Ost- Wand und im Herbst 1986 gelang Knez mit der Route Psycho Vertical am Torre Egger ein absolutes Highlight des internationalen Bergsteigens. Diese Route wurde erst 2016, also genau 30 Jahre später, wiederholt. Logischerweise haben "Knez Routen" mittlerweile einen entsprechenden Nimbus rund um die Welt bekommen.

Zwischenzeitlich hat Francek Knez noch eine Neutour durch den östlichen Teil der Eiger Nordwand gemacht und noch vor Thomas Bubendorfer einen Speed Rekord in rund 6 Stunden durch die klassische Heckmaier Route aufgestellt. Neben der Neutour am Eiger gelangen Knez noch weitere Erstbegehungen an allen drei großen Gipfeln der Alpen, dem Matterhorn und der Grand Jorasses.
Selbstverständlich gibt es auch in den Dolomiten, von Tofana über Marmolada bis zu den Drei Zinnen "Knez Touren".

In seinen heimatlichen Bergen in Slovenien hinterließ der emsige Neuerschließer hunderte Erstbegehungen. Neben den großen Felsrouten und kombinierten Touren zog es Francek Knez auch in die hohen Berge des Himalaja und Karakorum.
Nameless Tower, Pakistan

Unvergessen ist die gewaltige Linie der Slowenenführe durch die Südostwand  am Nameless Tower (ca. 6200m) im Karakorum. Ein Jahr nach der Erstbegehung wurde diese Route von den Deutschen Wolfgang Güllich und Kurt Albert frei geklettert und 7 a + bewertet.....
Zwei ähnliche Routen gelangen Francek Knez mit seinen Freunden auch im indischen Garhwal Himalaja und auch am Bagirathi II

Die meisten Routen bzw. Expeditionen unternahm Franzek Knez mit seinen Freunden Silvo Karo und Janez Jeglic.

in Bildmitte Mt Everest, der Westgrat im Zentrum zum Betrachter

1979 dann die Teilnahme an einer Mt. Everest Expedition. Es handelt sich hier um jene Expedition, bei der der gesamte direkte Westgrat des Mt. Everests erstbegangen wurde. Wenn man das Gelände vom Basislager über den Lo La Pass hinauf zur Westschulter des Mt. Everest jemals persönlich begutachten konnte, so kann man die Leistung dieser Expedition in bergsteigerischer und logistischer Hinsicht erst richtig einschätzen. Knez war allerdings nicht Teil der Gipfelmannschaft.
1981 dann nahm Franzek Knez an der Lhotse Expedition teil, der der eigentliche erste Durchstieg durch die gewaltige Lhotse Südwand gelang. Die Expedition erreichte zwar den Grat, aber nicht den Lhotse Gipfel. Neben dem Kantsch (Gipfel) gelang es ihm noch am Broad Peak bis 7500m und am Cho Oyu bis 7700 m zu kommen.

Der emsige Erstbegeher (730 Routen um genau zu sein!) Knez hinterließ auch in Peru und im kalifornischen Yosemite seine Spuren.

Eigentlich ist es völlig unverständlich, dass ein derartig erfolgreicher Bergsteiger in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist. Nicht umsonst nannte man den Slowenen auch der "Stille Bergsteiger". Umso bemerkenswerter erscheint es für mich, dass dieser so aktive Mensch noch seinen Beruf in einer Fabrik nachgegangen ist und daneben noch Zeit für so viele Bergtouren und natürlich auch Trainingseinheiten finden konnte.

Die genauen Umstände seines Todes sind nicht bekannt. Aber er dürfte 25 m abgestürzt sein......

Dies macht mich sehr, sehr nachdenklich. Zweifellos war Knez einer der besten Bergsteiger aller Zeiten. Für mich gehört Bergsteigen und Abenteuer zusammen und damit natürlich auch eine gewissen Risikobereitschaft. Mit dem Alter und der Erfahrung - so sollte man Meinen - bewahrt einen eben diese Erfahrung vor fatalen Ereignissen. Verschiedene Vorfälle bzw. Unfälle von sehr erfahrenen Bergsteigern, ja sogar Profis, in den letzten Jahren haben aber gezeigt, dass man einfach immer aufpassen muss.









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