der Mt. Everest |
In diesen Tagen feiere ich seit einigen Jahren meinen zweiten Geburtstag. Von hoch oben an der Westschulter des Mt. Everest hatte sich damals ein riesiger Teil eines Hängegletschers gelöst, und raste, tod- und verderben bringend, direkt auf unsere Gruppe zu. Donnernd wälzte sich eine riesige Masse aus blauen Eistrümmern, von Kopf- bis Kastengröße, vermischt mit feinsten Eispartikeln mitten durch den berüchtigten Khumbu Eisbruch, und traf am unteren Ende auf die Aufstiegsroute. Der Sherpa Lapka Nuru wurde nur einen halben Meter neben mir von Eistrümmern getötet, während ich kopfüber in eine schmale Gletscherspalte geschleudert wurde. Nach rund 15 Metern blieb ich in einer Verengung aus blauem, blankem Eis stecken, kopfüber und am ganzen Körper "zerdebbert".
Langsam, bedingt durch mein Körpergewicht und durch das Schmelzen des Eises, sank ich immer tiefer und wurde so immer enger eingezwängt, wie in einem überdimensionalen Nussknacker pressten die nach unten enger werdenden Eiswände die Luft aus meinem Körper. Ich konnte meine Hände, Kopf und Beine nur mehr sehr eingeschränkt bewegen und unter mir eine große Blutlache auf einem Schneefleck in der Dämmerung erkennen. Eigentlich war ich lebendig in meinem eisigen Grab, rund 15 Meter unter der Oberfläche, begraben.
Die märchenhaften Eisformationen und riesigen Eiszapfen in dieser eisigen Unterwelt nahm ich nur noch in meinem Unterbewußtsein wahr, während ich verzweifelt versuchte, mich mit bloßen Händen aus dem blauen, blankem, Eis zu befreien. Immer kurzatmiger wurde ich, langsam fror ich jämmerlich und war außerdem pitschnass vom Schmelzwasser......
Lawinen sind die häufigste Todesursache am Mt. Everest, hier ein zerstörtes C 1 |
Ich war bereits seit einiger Zeit bewußtlos, als ich in letzter Sekunde aus meinem eisigen Grab in rund 5 700 m Höhe befreit wurde. In einer großangelegten und gut organisierten Rettungsaktion, nahezu aller relevanten Teams, konnte ich gerettet werden.
Aufgrund dieses dramatischen Erlebnisses - und auch natürlich wegen insgesamt doch rund acht Monate verbrachter Zeit (anläßlich von vier Expeditionen, 2005, 2006, 2008, 2009) im Basislager des Mt. Everests, verfolge ich nicht ganz emotionslos die Ereignisse, die sich Jahr um Jahr am höchsten Berg der Welt abspielen.
Vor rund einem Jahr habe ich meine Einschätzung bezüglich der "Sherpa Situation" und des Generalstreiks einiger Sherpas im Jahr 2014 geschildert. 2015 gab es dann das katastrophale Erdbeben mit der rieigen Lawine ins Basecamp. Diese Vorfälle hatten insgesamt zur Folge, dass die Anzahl der westlichen Bergsteiger, die eine so enorme Geldsumme, wie jene für eine Mt Everestbesteigung nötige, aufbringen können, signifikant zurück gegangen ist. Zwischen 200 und 300 Bergsteiger sind heuer am Berg unterwegs und wie es scheint läuft alles in ruhigen Bahnen ab.
Auf leisen Sohlen schleicht sich nun offenbar aber ein neues Problem auf den "Everestmarkt":
NBC News brachte am 8. Mai einen sehr interessanten Artikel darüber:
http://www.nbcnews.com/news/world/mount-everest-guide-services-warn-about-cut-rate-competitors-n569626
Hier ein Zitat daraus von meinem langjährigen Bergführer - Kollegen an vielen der "Seven Summits", Freund und letztendlich auch Lebensretter, Willi Benegas:
"..... many of the low-cost operators also use old equipment to save money. That enables them to charge clients as little as $20,000 for an assault on the mountain, far less than the $40,000 to $60,000 that many established companies charge. (Some luxury outfits charge clients as much as $100,000)."
Kaffee mit Willi Benegas im Everest BC, 2005 |
Russel Brice: "The new lot, they hire these young boys who have never been on a mountain and their first trip is carrying loads to the South Col (8000 m)," he warned. "How is that fair? Who is looking after them?"
Einige wenige unseriöse Anbieter, die sich im Internet leicht als seriös und mit langjähriger Erfahrung tarnen können, hatten in den vergangen Jahren Probleme mit überforderten Gästen/Teilnehmern. Es scheint, dass da in Zukunft noch ein Problem mit unerfahrenen und unausgebildeten Sherpas dazu kommen könnte. Sollten sich Expeditionen auf den höchsten Berg der Welt noch weiter verbilligen, so wird das wieder mehr Menschen, oftmals auch überforderte, anziehen befürchten viele "Veteranen".
Das wird in Zukunft die Gefahren am höchsten Berg der Welt noch erhöhen, wo selbst sehr erfahrene Sherpas und Führer in rasch in Lebensgefahr kommen können.
Derzeit gibt es keine Mindestlöhne oder gesetzliche Regelungen zur Entlohnung der Sherpas. Der Trend zu "billigeren" Arbeitskräften und damit "Endverbraucher Preisen" am Everest könnte die etablierten teuren Veranstalter zu reduzierten Löhnen treiben, oder überhaupt gleich ganz aus dem Geschäft, meinen viele Insider.
"Billig Agenturen", die den Everest um 20 000 $ anbieten, haben nur eine sehr geringe Spanne, wenn man davon die 11 000 $ Permitgebühr noch abzieht. Man muss dabei bedenken, dass die Mannschaften, Köche, Träger, Sherpas und natürlich auch Bergsteiger mindestens 2 Monate am Berg sind. Normalerweise verdient ein "arrivierter Sherpa" rund 6000 $ an einer Expedition, "billig Agenturen" bezahlen jedoch unerfahrenen newcomern unter den Sherpas nur rund 800 $.....
Auf der einen Seite gibt es aber sehr gut ausgebildetes "Personal": Viele Sherpas besuchen "climbing schools", westliche Bergführer sind normalerweise nach dem Standard der "International Federated Mountain Guides Associations" ausgebildet. Auf der anderen Seite wird für die Arbeit am höchsten Berg der Welt keinerlei Qualifikation verlangt!!
Oftmals wissen zahlende Teilnehmer dann gar nicht, welche Ausbildung ihr "Guide", Bergführer, hat, oder die Sherpas haben.
Wir werden sehen, was die Zukunft bringt, hoffentlich nicht wieder eine große Katastrophe, denn gesund vom Berg nach Hause kommen wollen wir doch alle.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen