Einer der besten Bergsteiger der letzten Zeit, Ueli Steck, ist tot
Irgendwie erwartet man bei einem Bergsteiger, der extremste Solounternehmungen macht, dass irgendwann etwas passiert. Trotzdem hofft man, dass dies nicht zutrifft, nicht bei "so einem". Umso größer ist dann die emotionale Wucht die "einen" trifft, wenn er trotzdem eintritt, der Unfall.
Mit 40 Jahren war Ueli Steck am Zenit seiner Kariere. Er hat als Bergsteiger alles erreicht, was man nur erreichen kann. Als relativ junger Kletterer wurde er in der Schweiz erstmals überregional bekannt, als ihm eine Free-Solobegehung der Route Excalibur (6b/c) an den Wendenstöcken gelang, 2004, also mit 28 Jahren. Später gelangen ihm noch sehr schwierige Erstbegehungen im Fels z. B. "Paciencia" in der Eiger Nordwand, immerhin 8a und 23 Seillängen lang, diesmal jedoch mit einem Partner, Stephan Siegrist. Ebenfalls in der Eiger Nordwand konnte er die mixed Route "The Young Spider" als Erster besteigen und einige Jahre später auch solo klettern.
Einer breiten Öffentlichkeit wurde Steck dann bekannt, als er "Speed Rekorde" in den drei großen Nordwänden der Alpen - Eiger, Matterhorn und Grand Jorasses- aufstellte, und auch - rund 30 Jahre nach einem gewissen Thomas Bubendorfer - in den Massenmedien vermarktete.
Vor einem Jahr gelang ihm eine Besteigung aller 82 4.000er der Alpen in einem Zuge, indem er die Berge mit einer "Monster Radtour" verband, diesmal mit verschiedenen Partnern, unter anderem mit seiner Frau.
Steck entwickelte sich und seinen Stil weiter und übertrug seine Leistungen in die großen Wände der Achttausender. Dabei war er auffallend oft am Shisha Pangma, Cho Oyu und im Everest Gebiet unterwegs. Seine "sauerstofflose" Besteigung des Mt. Everest über den "Normalweg" diente "nur" dem Sammeln von Erfahrungen, um später auch schwierige Routen in extremen Höhen klettern zu können.
Für 2017 hatte er das sprichwörtlich höchste Ziel eines Bergsteigers vor Augen. Geplant war eine Doppel Überschreitung von Everest und Lhotse, eventuell sogar weiter bis zum Nuptse. Immerhin des höchsten und vierthöchsten Gipfels der Welt.
Steck hatte für sich eine spezielle Art der Akklimatisierung entwickelt. Dabei bewegte er sich extrem viel und stieg dazu immer wieder extreme Höhenunterschiede auf und auch wieder ab. Im Gegensatz dazu akklimatisieren sich Bergsteiger "normal", indem sie relativ langsam aufsteigen und auch eine gewisse Zeit in entsprechenden Höhen verbleiben, bevor sie sich wieder in tiefer gelegenen Lagern erholen. So war er vor einigen Tagen vom BC auf 5.300m in einem Zug auf 7.000m aufgestiegen und auch wieder ab. In einem seiner zahlreichen Interviews hat er einmal dargelegt, dass ihm der physische, also körperliche, Aspekt seiner Extremtouren näher lag, als eine Abenteuer Komponente.
Diesmal wollte er offenbar den Normalweg am Nuptse auskundschaften. Dabei handelt es sich um eine riesige Eis- und Schneeflanke von rund 6.000m Höhe bis auf ca. 7.900m. Was wirklich genau geschah wird man vermutlich niemals klären können. Ich habe aber gehört, dass es am Morgen in großer Höhe extemen Wind gegeben haben soll und er bereits im Abstieg gewesen sei.
Selbstverständlich hat eine so großartige Karierre auch ihre Schattenseiten. Nicht nur Neider begannen immer genauer die sensationellen Berichte in den Medien zu lesen. Auch seriöse Journalisten entdeckten die eine oder andere Ungereimtheit oder Ungenauigkeit in den Tourenberichten. Umstritten ist z. B. sein extremes Solo durch die Annapurna Südwand, ebenso wie die Vorkommnisse mit Simone Moro und einer aufgebrachten Sherpa Menge am Mt. Everest. Groß war der Schatten der Ereignisse anläßlich des Lawinenunglückes am Shisha Pangma bei der Doppel 8 Expedition eines Teams von Dynafit.
Er bekam 2008 den Prix Courage für die Hilfeleistung für Inaki Ochoa de Olza. Ebenfalls 2008 bekam er auch den Piolet d'Or für die Besteigung der Tengkampoche-Nordwand. Diese hatte er mit Simon Anthamatten vor der Hilfsaktion an der Annapurna bestiegen. 2014 bekam Steck nochmals den Piolet d'Or für seine Solo Erstbesteigung an der Annapurna Südwand.
Für mich persönlich waren die Leistungen von Ueli Steck hervorragend. Irgendwie bewunderte ich seine Konsequenz und seine akribischen Vorbereitungen vor seinen Expeditionen verfolgte ich mit großem Interesse.
"In der Liga, in der Steck spielte, ist Überleben eher die Ausnahme", meinte Jobo, ein Freund von mir. Dem kann ich mich nur anschließen. Trotzdem möchte ich anmerken, dass sich Steck des Risikos, das er bereit war zu gehen, auch bewusst war. In letzter Zeit kam er in diversen Interviews aber immer mehr als "Getriebener" seines eigenen Erfolges bzw. Ehrgeizes "hinüber". Es ist halt doch fatal, seine eigenen Leistungen immer wieder toppen zu "müssen" um vorne dabei zu sein. Offenbar ist ein Ausstieg aus diesem Rad extrem schwierig und nur ganz wenigen Ausnahme Athleten möglich.
Mit seinen bahnbrechenden Erstbegehungen und Rekorden hat sich Ueli Steck jedenfalls seinen Platz in der Alpingeschichte gesichert und wird vielen unvergessen bleiben.
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