Dienstag, 30. Juni 2015

Wurde Paul Preuss wirklich "totgeschwiegen"?

Wurde Paul Preuss in der Alpingeschichte wirklich "totgeschwiegen"?

Anlässlich der Feierlichkeiten zum 100. Todestages von Paul Preuss 2013 kamen zahlreiche Bergsteiger und "Alpin Journalisten" ins Salzkammergut, um den 1913 beim Klettern am Mandlkogl abgestürzten Pionier zu würdigen.
Der Mandlkogel im Gosaukamm, an der Nordkante stürzte Paul Preuss 1913 ab.

Allgemein war man der Meinung, dass der Pionier in der Alpingeschichte zu wenig gewürdigt worden wäre. Reinhold Messner schließlich behauptete sogar, dass man den Freikletterer und Verfasser der ersten Regeln für das Klettern vor allem in der Alpinen Literatur absichtlich nicht gewürdigt hätte.

Die verregneten Wochen der letzten Zeit boten mir genug Gelgenheit, um in einigen alten Büchern und Zeitschriften zu stöbern, ob dem nun wirklich so gewesen ist.

Dabei entdeckte ich wirklich interessante Details:

Im Sammelband der Zeitschrift "Der Bergsteiger", 1930 - 31, Schriftleiter Julius Gallhuber:
steht auf Seite 34:
"....der Preußriss, der seit jeher als eine der kühnsten Taten Paul Prauß´gegolten hatte...."

auf Seite 258: "...wird erst jetzt einer weiteren Öffentlichkeit bekannt, dass die Italiener die sogenannte Kleinste Zinne dem großen Bergsteiger Paul Preuß zu Ehren in "Torre Preuß" umgetauft haben. Preuß, der Wiener, der seine besten Jahre in München verbrachte, hat dort sein vielleicht bestes Meisterstück geliefert. Preuß....Meister des neuzeitlichen Alpinismus.....durch den dunklen, als Preußriß bezeichneten Felsspalt, führt über messergeschnittene rote Wandteile der kühne Weg des großen Könners.
Der "Preußturm", so wollen auch wir die flammende rote Dolomitenzinne fortan nennen, sie sei uns in diesem Sinne Wahrzeichen!"

Der Bergsteiger, Sammelband 1931, Seite 334: "...im Gesäuse ist es vor allem die große Modetour, die NW Kante des großen Ödsteins, durch Jahre als die schwierigste Felsfahrt der Alpen angesprochen. In der Tat ein Bravourstück Angelo Dibonas, nicht weniger groß die Leisung des Zweit- und z.T. Erstbegehers Preuß...."

Eduard Pichl erwähnte Preuß in seinem im Bruckmann Verlag 1936 erschienen Buch "Hoch vom Dachstein an" auf Seite 306: "....der ausgezeichnete Felsmann Dr. Paul Preuß...." und auf
Seite 314 "....wandten sich zwei vorzügliche Bergsteiger der (Däumling) Nordseite zu: Dr Paul Preuß und Dr. Günther von Saar....."

Fritz Kasparek, mit Heinrich Harrer und Viggerl Vörg und Anderl Heckmair Erstbegeher der Eiger Nordwand erwähnte Paul Preuß in seinem 1939 erschienen Buch "Ein Leben für die Berge" auf
Seite  40: ".....die Nordkante des Mandlkogels, an der unser unvergeßlicher Pionier Paul Preuß zu Tode stürzte....".

In der österreichischen Alpenzeitung vom Oktober 1949 schrieb Sepp Starl auf S 162: "....Paul Preuß, wohl einer der tüchtigsten und erfolgreichsten Felsgeher seiner Zeit....der sieggewohnte Alleingänger..." und weiter heisst es auf Seite 168: "....Paul Preuß, der kühne Alleingänger...".

Der unvergessene Kurt Maix, schrieb neben einem der besten je erschienen Bergbücher ("Im Banne der Dachstein Südwand") auch noch unter Anderem das Buch Hermann Buhls (Achttausend drunter und drüber).
1966 erschien schließlich sein selektiv gehaltenes Werk "Berge ewiges Abenteuer" über die Geschichte des Alpinismus, das sich auf absolute Spitzenleute beschränkt. Er widmete darin Paul Preuss gleich 4 Seiten:

Seite 402: "....Dr. phil. Paul Preuß, der Pflanzenphysiologie und experimentelle Psychologie studiert hatte, war wohl einer der besten, wenn nicht der beste Freikletterer, den es je gegeben hat...."

Seite 406: "....Paul Preuß war seiner Zeit weit voraus, er erahnte nicht nur die Götterdämmerung, die dem Bergsteigen eine hemmunslose Verwendung von künstlichen Hilfsmitteln bringen sollte---er plante auch die größte, gewaltigste Tour der Alpen: Die Überschreitung des gesamten Peutereygrates einschließlich Südgrat der Aig. Noire auf den Mt. Blanc....."

Seite 407: "....langsam dämmerte es auch der Wiener Zunft, daß sie in Paul Preuß einen ihrer besten und nobelsten Vertreter verloren hatte...."

In der alpinen Literatur zwischen 1930 und bis 1966 wurde also Paul Preuß nachweislich nicht totgeschwiegen. Es war sogar das Gegenteil der Fall. Ich konnte kein einziges "abschätziges" Zitat finden. Allerdings war bis zu der Jubiläumsveranstaltung 1986 (100. Geburtstag) Paul Preuss einer allgemeinen, breiten Öffentlichkeit völlig unbekannt. Reinhold Messner würdigte in Vorträgen und in einer Biografie Paul Preuß. Die "Unbekanntheit" alpinistischer Persönlichkeiten trifft aber auf praktisch alle bedeutenden Alpinisten und Bergsteiger aus der Geschichte zu. Wer von den jungen "Halllenkletterern" kennt etwa einen Julius Kugy, oder Edward Whymper, Walter Bonatti oder Gaston Rebuffat?





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