Mittwoch, 4. März 2015

Ist das Ende der Freiheit beim Schitourengehens erreicht?

Ist das Ende der Freiheit beim Schitourengehen erreicht?

Es war Ende Februar an einem der schönsten Plätze zum Schitourengehen in Europa: Schauplatz Talstation der Gran Sasso Seilbahn bei Assergi im Nationalpark Gran Sasso im Appenin.
Wir hatten einige wunderbare Schitouren in der Majella Gruppe genossen und waren nun nach einem kleinen Zwischenstopp in der Gegend des Campo Imperatore hier in Assergi "gelandet".

....über den Wolken, ist die Freiheit offenbar nicht mehr grenzenlos......
 Da sich das Wetter entgültig auf die schöne Seite geschlagen hatte, wollten wir mit der Seilbahn hinauffahren und von der Bergstation auf den höchsten Gipfel des Apennin, den Corno Grande gehen. Falls dies nicht möglich sein sollte, wäre noch der Monte Aquila eine schöne Alternative, meinten wir. Bis wir den Aushang an der Türe der Seilbahn gelesen hatten. Schitouren und das Schifahren abseits der Pisten sei ab sofort verboten. Wir wandten uns vertrauensvoll an die Dame hinter dem Ticketschalter. Ich konnte mir schon vorstellen, dass vermutlich das Variantenfahen in der Nähe der Liftanlagen verboten sein könnte. Da hatte es in der Vergangenheit schon so manche Gerüchte, über sogar in Gefängniszellen geworfene Bergführer, in Italien gegeben....
Am Schalter erhielten wir die Auskunft, dass nicht nur Variantenfahren und Schitourengehen, sondern auch das Wandern mit Schneeschuhen ab sofort bis auf weiteres verboten sei. Auf die Frage nach dem Grund dieser Maßnahme antwortete die nicht sehr freundliche Dame hinter dem Glas des Schalters, dass es oben eben zwei bis vier Meter Neuschnee gegeben hätte. Wir könnten zwar mit der Seilbahn hinauf fahren, aber oben ganz sicher keine Schier anschnallen!
"Uups. Was machen wir jetzt?", dachte ich mir. Jetzt musste schnell ein Ersatzprogramm aus dem Sack gezaubert werden. "Wir fahren die Straße einfach weiter, und gehen dann entlang der stillgelegten Lifte auf den Mt. Scinderella." - gesagt, getan. Rasch waren wir wieder in den Autos und fuhren die Straße bis zum geräumten Parkplatz. Wir parkten und stiegen aus. Außer uns waren noch drei andere Personen dort. Und eine von ihnen, ein Polizist, erklärte uns, dass hier das Schitourengehen verboten sei.  Ich war sehr verwundert. Waren doch maximal homöopatische Mengen an Neuschnee zu sehen und das Wetter strahlend schön. Man erklärte uns, dass wir sobald wir die Schier anschnallen würden ein Strafmandat bekommen würden.
Nun war es mit meiner Geduld entgültig zu Ende. Wir stiegen wieder in unsere Autos und fuhren ein ein anders Gebiet. Dort konnten wir ungestört eine wunderbare Abschlusstour genießen.

Was war da geschehen? Haben übernervöse Liftbetreiber Angst, dass vielleicht Schitourengeher eine Lawine auslösen könnten und diese eine Piste verschüttet?  Dafür hätte ich eigentlich noch volles Verständnis. Aber bei der Stelle mit den postierten Polizisten handelte es sich keineswegs um ein Liftgebiet. Bei den stillgelegten Liften waren die Bügel und sogar die Zugseile schon abmontiert worden. Nur die Stützen ragten noch wie knöcherne Finger rostig in die Landschaft.

In den vergangenen Tagen hatten wir teilweise wirklich schlechtes Wetter, viel Wind jedoch kaum Niederschläge. Solche waren aber prognostiziert worden. Außerdem hatte es in Norditalien insgesamt an wenigen Tagen tragischerweise 6 Lawinentote Schifahrer gegeben. Vor diesem Hintergrund sahen sich die örtlichen Behörden offenbar gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen. Da das Wetter in der Nacht jedoch strahlend schön geworden ist, und es insgesamt kaum Neuschnee gab, war das für uns natürlich nicht nachvollziehbar.

herrliche Schitour über den Wolken in den Abruzzen
Nun gibt es bei uns immer mehr Stimmen dafür, die ein behördliches Eingreifen bei bestimmten Lawinensituationen fordern. Könnten dadurch Lawinenunfälle vermieden werden? Wieviel ist uns die viel beschworene Freiheit in den Bergen wert, bzw. wo liegen dann die Grenzen? Wenn die Gesellschaft insgesamt mit Kosten für die Rettungseinsätze und der Rekonvaleszenz von Verletzten belastet wird, hat sie dann nicht das Recht - oder sogar die Verpflichtung - eine Regelung zu treffen? Gerade in einem Winter, wo es offenbar aufgrund bestimmter Wettermuster zu einer Häufung an Lawinenunfällen kommt, gewinnt diese Frage immer mehr an Bedeutung. Ein erschreckend großer Anteil an den unfallbeteiligten Personen waren selber Mitglieder bei der Bergrettung bzw. galten als sehr erfahren. Dieser Umstand weist doch darauf hin, dass Erfahrung eigentlich eher kontraproduktiv in Bezug auf Lawinen ist. Man müsste diesen Zahlen aber sicherlich auch die Anzahl der gesamt unterwegs gewesenen Personen in Relation stellen. Dazu gibt es aber meines Wissens keine Statistiken. Klar scheint mir aber zu sein, dass erfahrene Tourengeher auch viel öfter im Gelände unterwegs sind, also einem größeren bzw. länger Risiko ausgesetzt sind. Je "erfahrener" man ist, umso "vorsichtiger" müßte man dann ja eigentlich agieren,  um auf der sicheren Seite zu sein....

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