Der erfahrene Profi Bergführer, 3 fache Mt. Everest Besteiger als Bergführer mit Gästen, 1. Österr. auf den "7 Summits", Buchautor und Unternehmer Walter Laserer berichtet regelmäßig über Themen rund um das Bergsteigen. Kritisch und informativ werden Themen von Ausrüstung über Trends, Organisationen und Besteigungen hinterfragt und Diskussionen angeregt.
Montag, 25. Juli 2016
Alpin Journal: Die Allmacht der Smartphones oder die Hörigkeit zu...
Alpin Journal: Die Allmacht der Smartphones oder die Hörigkeit zu...: Die Allmacht der Smartphones oder die Hörigkeit zum Wetterbericht - oder was Wetterberichte und Lawinenlageberichte gemeinsam haben ...
Die Allmacht der Smartphones oder die Hörigkeit zum Wetterbericht
Die Allmacht der Smartphones oder die Hörigkeit zum Wetterbericht
- oder was Wetterberichte und Lawinenlageberichte gemeinsam haben
Bergsteigen ist in allen seinen mittlerweile hochspezialisierten Detaildisziplinen immer noch ein "Outdoor Sport".
perfektes Bergwetter auf der Adlersruhe, Großglockner, Foto: Sepp Schiefer |
Mir kommt vor, dass sich immer mehr Aktive dieser Tatsache nicht (mehr) bewußt sind. Mit glasigen Augen wird in die Smartphones gestarrt, gegoogelt und alles was dann rauskommt ohne nachdenken für bare Münze gehalten und in der Natur drauf los gerannt, bzw. einfach zu Hause geblieben.
Doch gerade beim Bergsteigen ist der wichtigste Muskel das Gehirn, wie einer der berühmtesten Kletterer aller Zeiten, Wolfgang Güllich, zu sagen pflegte. Man kann es auch einfacher formulieren: der Hausverstand ist nach wie vor gefordert!
Der Wetterbericht - gleich wie der Lawinenlagebericht sind beides P r o g n o s e n für die Zukunft, also keineswegs 100% ig zuverläßige Quellen!! Bitte nicht mißverstehen, trotzdem wichtige Grundlagen zur Tourenplanung, aber mit entsprechendem Stellenwert. Gerade da happert es aber dann bei vielen Aktiven Bergsportlern. Da werden eifrig farbige Tabellen verglichen, "Munter" Grade gerechnet und Piktogramme für bare Münze genommen. Und dann das Ergebnis 1 : 1 in die Natur übertragen, ohne dass die tatsächlich herrschenden Verhältnisse in der Schneedecke oder am Himmel mit einbezogen werden.
A b e r - die Natur läßt sich auch im Zeitalter der Computer noch immer nicht 100 % ig genau berechnen oder vorhersagen!
Wichtigster Bestandteil dieser Schätzmethoden ist also immer noch das Gehirn. Es ist einfach notwendig den Wetterbericht auf Tour immer wieder zu verfizieren, also in der Natur nach checken, ob sich das Wetter auch so entwickelt wie vorhergesagt und dann halt entsprechend zu agieren bzw. reagieren.
Selbiges gilt natürlich im Winter für den Lawinenlagebericht. Das funktioniert natürlich nur mit entsprechender Ausbildung und Erfahrung.
Abendstimmung am Gosaukamm, wie wird das Wetter morgen? Blick aus meinem Wohnzimmer |
Auf die Idee zu diesem Beitrag kam ich, als ein user im fb eine Begehung der Super via ferrata am Dachstein postete, und das Wetter offenbar deutlich besser als angesagt war, eine gelungene Tour also. Viel interessanter als der sehr gute Bericht waren aber die verschiedenen Reaktionen der Mitleser. Daraus konnte man entnehmen, dass sich keiner die Mühe machte, die Bilder wirklich genau an zu sehen. Mehrheitlich wurde eine Begehung einer so langen Tour bei so schlechtem Wetterbericht verurteilt, ja man konnte fast schon von einem kleinen "Shitstorm" reden.
Was wäre gewesen, wenn die Situation umgekehrt gewesen wäre, der Wetterbericht eben perfekt auf "schön", und das Wetter allerdings viel schlechter, oder gar ein Unwetter im Anmarsch? Auch dann wäre der Bergsteiger eben genötigt, die Natur zu beobachten und seinen Hausverstand ein zu schalten und dann eben entsprechend zu reagieren.
wenn der Sturm mal da ist, brauchst keinen Wetterbericht mehr. 5300 m am Denali, Alaska |
Fazit an dieser Stelle, bitte liebe Bergsteiger Kollegen, schaltet bei Aufnahme von Informationen auch euer Gehirn ein! Der Hausverstand ist beim Bergsteigen nach wie vor der wichtigste Ausrüstungsgegenstand. Die beste Ausrüstung und das schönste, schnellste, coolste Smartphone kann die Natur noch immer nicht vorausberechnen! Mit ensprechender Planung und Beobachtung kann man bei fast jedem Wetter am Berg unterwegs sein.
Sonntag, 17. Juli 2016
Alpin Journal: "Das kurze Seil" - Gedanken zum Unfall von Noppa
Alpin Journal: "Das kurze Seil" - Gedanken zum Unfall von Noppa: Auch auf die Gefahr hin schon wieder über Negatives vom Bergsteigen zu Berichten, halte ich es doch für wichtig und interessant, den Unfall ...
"Das kurze Seil" - Gedanken zum Unfall von Noppa
Auch auf die Gefahr hin schon wieder über Negatives vom Bergsteigen zu Berichten, halte ich es doch für wichtig und interessant, den Unfall eines der erfahrensten Bergführers überhaupt, Norbert "Noppa" Joos, zu hinterfragen.
Noppa war mit zwei Gästen über den Bianco Grat auf den Piz Bernina gestiegen. Beim Abstieg über den Spallagrat dürfte einer der Gäste gestolpert sein, alle drei Mitglieder stürzten ab. Der Bergführer fand tragischer Weise den Tod, die Gäste überlebten den Absturz. Offensichtlich waren die drei Bergsteiger am "Kurzen Seil" im Abstieg unterwegs und es gab somit einen typischen Mitreissunfall.
Schon vor vielen Jahren hat der deutsche Unfallforscher Pit Schubert verschiedene Tests zu Unfällen mit dem Seil auf Schnee und in Firnflanken veröffentlicht. Sinngemäß kam man schon damals zur Erkenntnis, dass es auf verhältnismäßig flachem Terrain, relativ unabhängig von der Art der Bekleidung, schon nach kurzer Strecke zu einer extrem hohen Rutschgeschwindigkeit kommt. Je nach Härte der Oberfläche können rund 80 oder 90 % der Geschwindigkeit des freien Falles erreicht werden.
Eine rege Diskussion über Mitreissunfälle am Seil in steilen Schnee und Firnflanken war die Folge. Konklusio der damaligen Diskussion war dann eine Empfehlung, als "Gelegenheitsbergsteiger" in steilen Schneehängen generell auf das Kurze Seil zu verzichten.
Warum wird die Technik des "Gehens am kurzen Seil" von Profi Bergführern nach wie vor angewendet? Wie der Unfall von Noppa zeigt, sind auch super erfahrene Profis von Unfällen dieser Art offenbar leider nicht gefeit.
Um die Seiltechnik "Gehen am kurzen Seil" wirklich beurteilen zu können, ist natürlich eine gründliche Analyse derselben notwendig.
Die Nachteile sind offenkundig, ist der Bergführer nur einen Augenblick unkonzentriert und fällt der Gesicherte erst mal vollständig, ist ein Halten des Sturzes kaum möglich. Einmal in der Sturzbahn kommt es immer dann, wenn einer der Seilschaft den Sturz bremsen (Halten) könnte, durch ruckartiges Spannen des Seiles zu einem "Schnepf - Effekt" und damit zu einer Beschleunigung des Sturzes der ganzen Seilschaft.
Einzig eine sofortige Reaktion des Sichernden durch Zug am Seil während der Abstürzende noch im labilen Gleichgewicht ist, kann einen Sturz verhindern. Eine Ausnahme bildet ein eher flacher Hang mit weichem Schnee, wo man durch "Mitlaufen und anschließendem langsamen Abbremsen" eine Chance hat, den Sturz zu halten.
Über die Vorteile dieser gefährlichen Seiltechnik wird allerdings kaum wo berichtet. Das Seil bietet nämlich auch eine riesige "moralische" Sicherheit. Viele Bergsteiger sind mental nicht so stark, dass sie Firngrate oder ausgesetzte Stellen sicher seilfrei begehen können. Die Furcht läßt sie zögerlich und extrem unsicher agieren. Das Vertrauen in einen Bergführer und in das Seil verwandelt solche Menschen plötzlich. Auf einmal sind diese in der Lage, ohne zögern und problemlos Stellen zu meistern, die sie zuvor als unmölich zu begehen eingestuft hätten. Auch ist es bei der Länge vieler Bergtouren gar nicht möglich, Seillängenweise zu sichern, man würde dann für solche Touren tagelang unterwegs sein.
Somit gehört das "Gehen am kurzen Seil" zur täglichen Arbeit vieler Bergführer, wobei wir uns selbstverständlich den Gefahren dieser Seiltechnik bewußt sind. Für mich zeigt der Unfall von Noppa, wie wichtig es ist, immer wieder sehr sorgfältig abzuwägen, ob es nicht sicherer wäre, auf das Seil in der jeweiligen Situation völlig zu verzichten. Und ja, der Unfall zeigt auch auf, wie wichtig es ist, immer wieder das Sichern am kurzen Seil zu trainieren. Für Leute (Bergführer und nicht Bergführer), die nicht ein entsprechendes regelmäßigs Training in dieser speziellen Sicherungsart haben, sollte es klar sein, im Fall des Falles lieber seilfrei unterwegs zu sein.
http://www.nzz.ch/panorama/bergunfall-am-piz-bernina-buendner-bergsteiger-norbert-joos-toedlich-verunglueckt-ld.105062
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/schweiz-bergsteiger-norbert-joos-stuerzt-in-den-tod-a-1102423.html
http://www.blick.ch/news/schweiz/graubuenden/seine-italienischen-gaeste-ueberlebten-buendner-bergfuehrer-55-stirbt-am-bernina-id5249414.html
http://www.alpin.de/home/news/10805/artikel_norbert_joos_toedlich_verunglueckt.html
http://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_78374528/schweizer-bergsteiger-norbert-joos-im-engadin-in-den-tod-gestuerzt-.html
Gehen am kurzen Seil am Großglockner, Bild Schiefer |
Noppa war mit zwei Gästen über den Bianco Grat auf den Piz Bernina gestiegen. Beim Abstieg über den Spallagrat dürfte einer der Gäste gestolpert sein, alle drei Mitglieder stürzten ab. Der Bergführer fand tragischer Weise den Tod, die Gäste überlebten den Absturz. Offensichtlich waren die drei Bergsteiger am "Kurzen Seil" im Abstieg unterwegs und es gab somit einen typischen Mitreissunfall.
Schon vor vielen Jahren hat der deutsche Unfallforscher Pit Schubert verschiedene Tests zu Unfällen mit dem Seil auf Schnee und in Firnflanken veröffentlicht. Sinngemäß kam man schon damals zur Erkenntnis, dass es auf verhältnismäßig flachem Terrain, relativ unabhängig von der Art der Bekleidung, schon nach kurzer Strecke zu einer extrem hohen Rutschgeschwindigkeit kommt. Je nach Härte der Oberfläche können rund 80 oder 90 % der Geschwindigkeit des freien Falles erreicht werden.
Unterwegs auf der Mt Blanc Überschreitung, einger typischen Tour mit Gehen am kurzen Seil |
Eine rege Diskussion über Mitreissunfälle am Seil in steilen Schnee und Firnflanken war die Folge. Konklusio der damaligen Diskussion war dann eine Empfehlung, als "Gelegenheitsbergsteiger" in steilen Schneehängen generell auf das Kurze Seil zu verzichten.
Warum wird die Technik des "Gehens am kurzen Seil" von Profi Bergführern nach wie vor angewendet? Wie der Unfall von Noppa zeigt, sind auch super erfahrene Profis von Unfällen dieser Art offenbar leider nicht gefeit.
Um die Seiltechnik "Gehen am kurzen Seil" wirklich beurteilen zu können, ist natürlich eine gründliche Analyse derselben notwendig.
Die Nachteile sind offenkundig, ist der Bergführer nur einen Augenblick unkonzentriert und fällt der Gesicherte erst mal vollständig, ist ein Halten des Sturzes kaum möglich. Einmal in der Sturzbahn kommt es immer dann, wenn einer der Seilschaft den Sturz bremsen (Halten) könnte, durch ruckartiges Spannen des Seiles zu einem "Schnepf - Effekt" und damit zu einer Beschleunigung des Sturzes der ganzen Seilschaft.
Einzig eine sofortige Reaktion des Sichernden durch Zug am Seil während der Abstürzende noch im labilen Gleichgewicht ist, kann einen Sturz verhindern. Eine Ausnahme bildet ein eher flacher Hang mit weichem Schnee, wo man durch "Mitlaufen und anschließendem langsamen Abbremsen" eine Chance hat, den Sturz zu halten.
Gehen am kurzen Seil wird auch in leichtem Felsgelände praktiziert |
Über die Vorteile dieser gefährlichen Seiltechnik wird allerdings kaum wo berichtet. Das Seil bietet nämlich auch eine riesige "moralische" Sicherheit. Viele Bergsteiger sind mental nicht so stark, dass sie Firngrate oder ausgesetzte Stellen sicher seilfrei begehen können. Die Furcht läßt sie zögerlich und extrem unsicher agieren. Das Vertrauen in einen Bergführer und in das Seil verwandelt solche Menschen plötzlich. Auf einmal sind diese in der Lage, ohne zögern und problemlos Stellen zu meistern, die sie zuvor als unmölich zu begehen eingestuft hätten. Auch ist es bei der Länge vieler Bergtouren gar nicht möglich, Seillängenweise zu sichern, man würde dann für solche Touren tagelang unterwegs sein.
Somit gehört das "Gehen am kurzen Seil" zur täglichen Arbeit vieler Bergführer, wobei wir uns selbstverständlich den Gefahren dieser Seiltechnik bewußt sind. Für mich zeigt der Unfall von Noppa, wie wichtig es ist, immer wieder sehr sorgfältig abzuwägen, ob es nicht sicherer wäre, auf das Seil in der jeweiligen Situation völlig zu verzichten. Und ja, der Unfall zeigt auch auf, wie wichtig es ist, immer wieder das Sichern am kurzen Seil zu trainieren. Für Leute (Bergführer und nicht Bergführer), die nicht ein entsprechendes regelmäßigs Training in dieser speziellen Sicherungsart haben, sollte es klar sein, im Fall des Falles lieber seilfrei unterwegs zu sein.
http://www.nzz.ch/panorama/bergunfall-am-piz-bernina-buendner-bergsteiger-norbert-joos-toedlich-verunglueckt-ld.105062
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/schweiz-bergsteiger-norbert-joos-stuerzt-in-den-tod-a-1102423.html
http://www.blick.ch/news/schweiz/graubuenden/seine-italienischen-gaeste-ueberlebten-buendner-bergfuehrer-55-stirbt-am-bernina-id5249414.html
http://www.alpin.de/home/news/10805/artikel_norbert_joos_toedlich_verunglueckt.html
http://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_78374528/schweizer-bergsteiger-norbert-joos-im-engadin-in-den-tod-gestuerzt-.html
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