Mittwoch, 4. Oktober 2023

Sittenverfall auf 8000 m? Gedanken zur Diskussion auf Servus TV über die Vorgänge am K2 der Saison 2023

 Am K2 im Karakorum in Pakistan kam es in der vergangenen Saison zu einem Unfall eines Hochträgers im berüchtigten Flaschenhals auf ca. 8200 m. Danach stiegen  - trotz offensichtlichem Notfall - zig Bergsteiger über den sterbenden Pakistani einfach weiter zum Gipfel. 

Wie konnte das geschehen? Handelt es sich tatsächlich um einen Sittenverfall auf 8000 m? Sind Bergsteiger also doch keine edelmütigen Kämpfer in einer gnadenlosen Natur? Gibt es den Tatbestand "unterlassene Hilfeleistung über 8000m?

Auf ca. 8500 m ober dem Balkon am Mt. Everest, hinten Makalu


Viele Fragen ergeben sich da bereits nach kurzem Nachdenken über den Vorfall. Die Diskussion auf Servus TV gab einen interessanten Überblick über die Geschehnisse. Wobei Georg Bachler (Paul Preuss Gesellschaft) erzählte, wie es früher auf hohen Bergen zuging, und das sich unsere Welt seither weiter entwickelt hat. In der Bergsteiger- besser Bergführerszene - weltweit bekannt ist Lukas Furtenbach mit seinem Unternehmen, dass Bergführen auf 8000 m in ungeahnte Höhen trieb. Er gilt dabei als einer der Hauptakteure des "8000 Tourismus". Dabei spielen luxuriös ausgestattete BC und perfekte Logistik am Berg eine große Rolle. Kurz berichtete Ernst Stauber, dass sich die filmische Berichterstattung über Expeditionen enorm weiterentwickelt hätte, und er mit der Sendung Bergwelten alle Bergsteiger ansprechen wolle. 

Was denke ich nun, mit  jahrzentelanger Erfahrung in der Bergführerei auf 8000ern, und auch einer Rettungsaktion aus über 8400 m am Mt. Everest, über den Vorfall?

Für mich ist eine der wesentlichen Grundlagen der Diskussion, dass eine Trennung zwischen touristischem Bergsteigen und professionellem Alpinismus stattfinden muss. Es gibt das ja schon als völlig selbstverständlich in den Alpen.  

Sauerstoff - ein Hilfsmittel zum Überleben, oder Doping?

Jedenfalls unerlässlich für Bergführer über 8000m


Kein normal denkender Mensch würde von einem "Touristen" am Berg erwarten, dass er eine Rettungsaktion - selbst von einem kleinen Kogel - selbständig in die Wege leitet. Eventuell leistet man "Erste Hilfe" und verständigt sodann die Bergrettung. Diese leitet dann eine professionelle Bergung in die Wege. 

Nun ist vor allem in den Köpfen der "Daheim gebliebenen" noch immer verankert, dass Expeditionsbergsteiger eben keine Touristen, sondern extreme Alpinisten seien. Dieser Tatsache widerspricht die schleichende Entwicklung auf den Normalanstiegen von so manchem "technisch leichten" Achttausender. An diesen Bergen werden jede Saison "mobile Klettersteige" sogenannte Fixseile vom letzten Zelt im Basislager bis zum Gipfel verlegt. Die von Extremkletterern zu Touristen mutierten Bergsteiger können so, dank ausgeklügelter Logistik und perfektem Wetterbericht mit Unterstützung von Bergführern, mit vertretbarem Risiko einem "Schein Alpinismus" frönen. Sehr zum Leidwesen vieler nachdenklicher Bergsteiger machte diese Entwicklung auch vor dem sehr schwierigen und überaus gefährlichen K2 nicht halt. 

Früher meinten viele Bergsteiger, dass Bergsteigen eben auch "Charaktersache" sei, und unter "Bergsteigern" viele Missstände der normativen Gesellschaft nicht auftreten würden. 

Durch die oben genannte Entwicklunge des Berg Toursismus zum Massensport wird diese These aber widerlegt. Längst sind Vorfälle wie Diebstähle in Hochlagern, benützen fremder Zelte und Ausrüstung und Lügen und Halbwahrheiten in der Berichterstattung auch auf den höchsten Bergen der Welt angekommen. Trotzdem bin ich der felsenfesten Überzeugung, dass auch an den höchsten Bergen die meisten Menschen frei nach Goethe "edel, hilfreich und gut" sind. Viele haben als Touristen einfach nicht das nötige "Know How" bzw. überlegene Können, um souverän adäquate Hilfe anbieten zu können. 


Ich denke also, dass es höchst an der Zeit ist, dass auch im Himalaja und im Karakorum eine professionelle Bergrettung etabliert wird. Es gibt dazu, vor allem in Nepal, schon ausgezeichnete Ansätze etwa durch ein Hilfsprojekt der Air Zermatt mit Hubschrauber Bergungen bis in mittlere 7000 m Höhe. Es wird bei dem anhaltenden Zustrom an Bergtouristen in den höchsten Gebirgen der Welt einfach eine Notwendigkeit sein, auch hier professionelle Strukturen auf zu bauen. Zumal bei den exorbitant hohen Permittgebühren durchaus das finanzielle Potential dafür vorhanden sein müsste. 

Dass in den ärmsten Ländern der Welt, und dazu gehören nun einmal die Staaten mit den höchsten Bergen der Welt, der Tourismus zunimmt und den Einheimischen zunehmend Arbeit und damit auch besser Lebensumstände ermöglicht, ist ja per se eine sehr positive Entwicklung. 



Dienstag, 3. September 2019

Sorry Reinhold, Sorry Steve, ihr seid doch nicht die Ersten gewesen.....alpinhistorische Sensation aus Alaska!


Chasing Denali - die abenteuerliche Ersteigungsgeschichte des "kältesten Berges der Welt!"

Mit diesem Buch beweist der nicht nur unter Mount McKinley Kennern hochangsehene Jon Waterman (Winterbegehung der Cassin Route am Denali u.v.m., neben vielen anderen Büchern bekannt durch: Surviving Denali, bzw. Führerwerk über sämtliche Routen am Denali/Mt McKinley...) eine alpinhistorische Sensation:

Lange vor der Zeit der ersten "steifen Eiskletter - Steigeisen" im Alpenraum, noch viel  länger vor der ersten Expedition im Alpinstil (Reinhold Messner) und noch mals ebenfalls viel länger vor den ersten "Single Push Expeditionen" (Steve House) gabe es das Alles schon:

Die erste Besteigung des Denali Nord-Gipfels durch 3 bzw. 4 lokale Goldsucher aus der Region um Fairbanks 1910.
Der Denali oder früher Mt. McKinley 6190m, Rechts S Gipfel, Links N Gipfel von SW 

Doch der Reihe nach. Einer der ersten, die eine Besteigung des riesigen 6 190 m  hohen Berges in der Nähe des Polarkreises in Alaska versuchten, war der Arzt Fredrick Cook. Er war Arzt und nach seinem Studium besonders abenteuerlustig. Daher schloss er sich mehreren Polarexpeditionen als Expeditionsarzt an. Besondere Verdienste konnte er sich bei einer Überwinterung einer belgischen Expedition in  Polaren Gewässern erarbeiten, als er gemeinsam mit Roald Amundsen die Mannschaft vor Skorbut und einzelene auch vorm "Durchdrehen" bewahren konnte.
Später war er auch mit Peary im hohen Norden unterwegs, um den Nordpol als erste zu erreichen. Später etwickelte sich ein heftiger Streit, wer als erster den Pol erreicht hätte. Heute gilt als gesichert, dass keiner der beiden je den Pol erreicht hat. Nach einigen gerichtlichen Auseinandersetzungen beschloss Dr. Cook 1903 den Mt. McKinley als erster zu besteigen.
Denali von Norden, Wonderlake

Die undurchdringliche Wildnis des Berges wurde mit Booten auf den Flüssen überwunden. Nach mehreren Wochen gelang es der Mannschaft das gewaltige Gebirgsmassiv des Denali nahezu zu umrunden bevor die Zeit der Expedition zu Ende ging.Drei Jahre später, 1906 versuchte Dr. Cook erneut den Mt. McKinley als erster zu besteigen. Diesmal war das Ziel sich dem Berg vom damals völlig unbekanntem Süden zu nähern. Bei dieser Expedition wurden zum ersten Mal die riesigen Granitwände des Ruthglaciers erforscht, bevor die Gruppe zum Rückzug gezwungen war.

Zum Ende der Expedition mussten nahezu alle Mitglieder der Gruppe zurückk in die Zivilisation, um ihren beruflichen Verüpflichtungen nach zu kommen. Dr. Cook beschloss aber plötzlich, nur mit einem Begleiter nochmals eine Besteigung des Berges zu versuchen. Innerhalb von nur 12 Tagen will er den Gipfel von Osten erreicht haben und machte dabei ein Gipfelfoto einer riesigen amerikanischen Flagge.

Berechtigte Zweifel machten sich breit und später konnte der als "fake peak" benannte Gipfel eindeutig identifiziert werden. Es handelt sich dabei um einen mehrere Meilen vom Denali entfernten, und nur halb so hohen Gipfel, wie den Denali selbst.

Heftige Debatten entwickelten sich nun darüber, ob Cook tatsächlich am Gipfel gewesen war, oder nicht.

Diese Zweifel konnten nur beseitgt oder bestätigt werden, indem man eben den Gipfel tatsächlich bestieg. Außerdem wollten Alaskaner ihren höchsten Gipfel selbstverständlich selbst Erstbesteigen!

Fairbanks, im zentralen Alaska gelegen, galt zu beginn des 20. Jahrhunderts als das "neue Dawson". Der Goldrausch am Klondike und im Yukon Gebiet um Dawson war zu ende und viele der gestrandeten Abenteurer und Lebenskünstler waren in das angrenzende Alaska gekommen. Sie hofften ihere geplatzten Träume von Reichtum und Ruhm in der Umgebung von Fairbanks und dem nördlich des riesigen Bergmassiv des Denali gelegenen Kantishna erfüllen zu können.

Eine der schillerndsten Figuren in Fairbanks war zu jehner Zeit ein gewisser Thomas Lloyd. In seiner früheren Zeit in Utah war er vom US Marshal zum Beauftragten für den Bergbau aufgestiegen. Um jedoch seinen Traum von Reichtum und Berühmtheit leben zu können, erlag er den Lockungen des Goldrausches. Thomas Lloyd ließ seine Frau  und vier Kinder zurück und erreichte über Dawson später eben auch Fairbanks. Dort heiratete er eine weitere, diesmal halb so alte Frau wie er selbst. Angeblich war er in den verschiedenen Claims mit verschiedenen Partnern zu Reichtum gekommen, berühmt hoffte er durch das Lösen der "Erstbesteiger Frage am Denali" zu werden.

Zu dieser Zeit wirkte der zwar umtriebige Mann bereits körperlich unsportlich und mit seiner Leibesfülle nicht gerade prädestiniert für ein körperlich derart anstrengendes Abenteuer. Erleichtert wurde die Entscheidung zum Handeln allerdings durch eine Wette über 5000 US des Saloon Besitzers Bill McPhee, dass der Denali vor dem 4. Juli 1910 bestiegen würde - von wem auch immer.
Gut vernetzt in Wirtschaft (Medien) und Politik begann Lloyd, für eine Expedition auf den Gipfel des Denali Sponsoren zu suchen.
Zudem heuerte er drei der besten verfügbaren Leute an: neben dem "Schweden" Peter Anderson, Billy Taylor noch Charlie McGonagall. Letzterer war auf der Suche nach Gold viel in den Hügeln der Tundra zwischen den Gletschern und Kantishna unterwegs gewesen. Dabei hatte er den so wichtigen Zugang zum Muldrow Gletscher über den heute nach ihm benannten McGonagall Pass entdeckt. Mit ihm verfügte das Team über unschätzbare Ortskenntnisse um überhaupt erst Zugang zu den großen Gletschern zu erlangen.Die Gruppe ist heute unter dem Begriff "Sourdough" bekannt, da die Goldsucher jener Zeit stets einen Sauerteig-starter bei sich hatten, um Brot bzw. Doughnuts backen zu können.

Seinen Geschäftssinn bewies Thomas Lloyd indem er noch zusätzlich einen Vermessungsexperten sowie im Umgang mit einem Fotoapparat versierten Experten, Charles E Davidson, mit zwei weiteren Gefährten ins Team holte.

Seine mangelnde Teamfähigkeit bescherte ihm aber auch das spätere Drama um einen glaubwürdigen Beweis der Besteigung. Nach einem handfesten Streit, wobei auch die Fäuste zum Einsatz kamen, verabschiedete sich der Foto Experte Davidson und verschwand am nächsten Tag mit seinen zwei Begleiteren, noch ehe sie eine relevante Höhe am Berg erreicht hatten.

Der berühmte Kartograf und Buchautor - den ich übrigens noch persönlich anläßlich eines Vortrages in Talkeetna kennenlernen durfte - Bradford Washburn interviewte persönlich Charlie McGonagall Jahre nach der bahnbrechenden Expedition. Von diesem erfuhr Washburn aus erster Hand, dass die Expedition sehr sorgfälltig geplant wurde.
Schinken, getrocknete Früchte, Mehl, Zucker und Butter gehörten zur Grundaustattung. Fleisch Vorräte wurden noch jagdlich zu Beginn ergänzt. Am Berg bestand die Nahrung aus Doughnuts und heissem Kakao aus Thermosflaschen.
An Bekleidung trugen sie ihre typische Winterkleidung, die sich während ihrer langen Hundeschlittentrips schon seit Jahren bewährt hatte. Bemerkenswert war die Anfertigung
von speziellen galvanisierten 9 Zacker Steigeisen, mit durchgehenden seitlichen Steegen. Mit diesen stabilen Steigeisen war es möglich, nicht allzu steile Firnflanken ohne aufwendig Stufen ins Eis hacken zu müssen, zu überwinden.
selbst gebastelte Steileis Steigeisen, Bild Jon Waterman, Chasing Denali


Die schon seit Jahren im Gebiet des Denali tätigen Goldsucher und Musher wussten natürlich, dass die Zeit im Herbst, September, in der Dr. Cook den Gipfel erreicht haben will, nicht optimal war. Sie wählten als Zeitpunkt den beginnenden Frühling, wenn die Sümpfe gefroren sind, es noch keine Moskitos gab und man mit dem Hundeschlitten bequem die schweren Lasten der Bergausrüstung, Nahrungsmittel und Brennholz ins Basislager transportieren konnte. Ausserdem wussten die erfahrenen Goldsucher, dass das Wetter im Frühling stabiler war und es in der Kälte wesentlich bessere Bedingungen auf den riesigen Gletschern gab. Man kam viel besser mit den Hunden voran und auch die Brücken über die riesigen Spalten hielten besser, wenn sie aus gefrorenem Schnee bestanden als aus nassem.
in ausgeapbertem Zustand sind die riesigen Gletscher nahezu unpassierbar, hier der Ruth Gletscher

Heute wird das Basislager an der Südwest Seite des Berges, bzw. nahezu alle Anstiege unter Mithilfe von kleinen Flugzeugen, die mit ihren Ski bequem am Gletscher landen können, erreicht.

Im Jänner startete das Team mit den Hunden in Fairbanks, liess sich Zeit für die ersten rund 150 Meilen bis zum Fuß des Berges. Am 14. Februar, nach dem sie am Weg viele Freunde und Bekannte besuchten, errichteten sie schließlich ihr letztes Lager an der Waldgrenze.

Die Expedition setzte den Weg über den McGonagall Pass fort und erreichte Mitte März den Muldrow Gletscher. 
eine- wenn nicht d i e höchste Wand der Welt, Wickersham Wall am Denali mit Nord- und Südgipfel

Am 18. März errichteten sie ihr sogenanntes "Tunnel Camp" eine Schneehöhle am Fusse der heutigen Karstens Ridge auf rund 3600 m Höhe. In den nächsten Tagen rüsteten sie ihr Basislager aus und ruhten sich für die Hauptschwierigkeiten ihrer Besteigung aus.

Für die erste Besteigung eines derart hohen Berges nahezu am Polarkreis wählten die "Sourdoughs" eine bemerkenswerte Strategie. Da sie zur Erkenntnis kamen, dass Lasten schleppen in dem steilen Gelände über ihnen kaum Sinn machte, entschlossen sie sich zu einer "Single Push" Strategie. Eigentlich ist es verständlich, dass der fast doppelt so alte und unsportliche Thomas Lloyd im Camp verblieb und nicht an der eigentlichen Besteigung teilnahm.

Wie jahrzehnte später Reinhold Messner und Gefährten im Himalaja mit dem "Alpin Stil", oder Steve House an der Denali Südwand mit "Singl Push Stil", wollten sie klein, rasch und effizient sein.

Filmarbeiten für das Deutsche Fernsehen mit Wolfi Thomaseth am Kahlitnagletscher
Neben einem Säckchen mit 6 Doughnuts hatte jeder  nur eine Thermosflasche mit heissem Kaokao mit. Die über 2 m lange Fahnenstange zog Charles McGonagall mit einer Schnur nach, im extremen Gelände der Karstens Ridge hätte ihn die Stange am Rucksack aus dem Gleichgewicht gebracht. Wer jemals mit Skiern in großer Höhe unterwegs war, hat wahrscheinlich die gleiche effiziente Technik für den Transport der Skier angewandt.

In nur drei Stunden überwanden die Drei am 3. April 1910 die 1200 m lange Karstens Ridge und rasteten am Fuße des Browne Towers. Diese bemerkenswerte Zeit wär unmöglich gewesen hätten sie mit ihrer schweren Axt oder Kohlenschaufel Stufenschlagen müssen.

Es folgte die Querung zum Harper Gletscher auf rund 5000 Metern zum Fuße des "Sourdough Gully". Diese rund 700 Hm hohe und zwischen 40 und 55 Grad steile Schnee- und Eisrinne stellte die Schlüsselpassage ihres Anstieges dar.

Der  Denali Pass auf ca. 6000 m Höhe trennt mit dem Harper Gletscher den Nord vom Südgipfel. Durch diesen Pass entsteht bei Stürmen eine heftige Düsenwirkung, welche infernale Kräfte im Falle eines Wettersturzes entfesselt. Der Südgipfel ist zwar um einiges höher, aber vom Browne Tower schaut der Nordgipfel höher aus. Außerdem ist von  Kantishna und Fairbanks nur der Nordgipfel sichtbar. Daher entschlossen sich die "Sourdoughs" den Nordgipfel zu besteigen, obwohl dieser technisch gesehen wesentlich schwieriger, wenn auch etwas niedriger war als der Südgipfel.

Bemerkenswert finde ich auch die Tatsache, dass die Gruppe nicht einmal ein Kletterseil mitführte. Dafür aber Holzstangen, um mit den Hunden die großen Spalten überwinden zu können.  Auch wenn man berücksichtigt, dass das Coloir vor dem großen Erdbeben von 1912 eventuell etwas leichter zu besteigen war, war diese seilfreie Besteigung in einer Höhe von an die 6000 m damals absolute weltspitze!
regelmäßige Schneefälle sorgen für regelmäßigen Schaufeleinsatz, Solo am Denali

Als die Sourdoughs die letzten Felsen am Nordostgrat, in einer Höhe von 18 700 fuss erreicht hatten, war Charly McGonagal fertig. Körperlich von den Strapazen gezeichnet fürchtete er, den Abstieg ohne Seil nicht zu schafften. Immerhin hatte er tapfer bis in diese Höhe die 2 - 3 m lange Fahnenstange geschleppt.

Der bärenstarke "Schwede" Peter Anderson hatte den Großteil der Route bisher gespurt und gemeinsam mit Billy Taylor meisterte er auch die letzten zwei Stunden am Grat bis zum Nordgipfel.
Um 15 25, zwölf einhalb Stunden nach ihrem Aufbruch, erreichten die beiden den Gipfel.

Als sie den bereits heftig frierenden Charlie McGonagall wieder erreichten, verbesserten sie noch die Befestigung der Fahnenstange, bevor sie sich an den gefährlichen Abstieg durch das immerhin bis zu 55 Grad steile Coloir machten, ohne Seil, Pickel oder sonstige Hilfsmittel, nur mit ihren einfachen 9 zackigen Steigeisen . Nach 18 Stunden erreichten sie wieder ihr "Tunnel Camp" am Fuße der Carstens Ridge.
interessantes Bild des Nordgipfels, am rechten Bildrand die ob ersten Felsen des Nordostgrates

Bemerkungen:

Die drei Erstbesteiger mussten sofort wieder zu ihren Claims in Kantishna um ihre Arbeit als Goldsucher wieder auf zu nehmen. Sie wollten nie wieder einen Berg besteigen und hatten auch die für die Besteigung in diesm Stil so wichtigen Steigeisen am Beginn des Muldrowgletschers "entsorgt".


Alleine Thomas Lloyd kehrte nach Fairbanks zurück und begann sofort mit einer professionellen Mediencampagne. Er versteigerte raffiniert seine Geschichte, wobei er kräftig übertrieb. Nicht nur will er selbst bei der Besteigung bis zum Gipfel dabei gewesen sein, sondern auch noch den Süd- und den Nordgipfel bestiegen haben.

Nachdem es keine Beweisfotos gab, man die Fahnenstange von Fairbanks aus auch bei bestem Wetter nicht sehen konnte, machten sich wiederum Zweifel über die Wahrheit der Geschichte breit. Niemand wollte so recht glauben, dass der fette und unsportliche Thomas Lloyd zu so einer körperlichen Leistung fähig war. Da man Thomas Lloyd die Geschichte nicht glaubte, zweifelte man zwangsläufig auch an der Besteigung der übrigen Teilnehmer, zumal sie nicht in Fairbanks waren, um ihre Story zu verbreiten.

Erst zwei Jahre später versuchte wiederum eine Gruppe eine Besteigung des Südgipfels. Hershel Parker, Belmore Browne  und Merl La Voy mussten aufgrund schlechter Nahrung ihre Besteigung nur ganz kurz unter dem Südgipfel abbrechen, entkamen aber knapp dem großen Erdbeben und den damit verbundenen Lawinen von 1912 am Berg. La Voy machte viele Fotos von der Expedition, unter anderem auch vom "Sourdough Coloir".

1913 gelang schließlich die dokumentierte erste Besteigung des  höchsten Punktes Nordamerikas. Harry Karstens Walter Harper und Hudson Stuck (Referend). Bei dieser Expedition 

sagten die Teilnehmer übereinstimmend aus, dass sie die Fahnenstange am Nordgipfel gesehen hätten.

auch zur besten Zeit im Jahr kann es richtig kalt werden am Denali
Die Zweifel an der "Sourdough" Expediton blieben, zumal es unvorstellbar schien, in derart kurzer Zeit so schwieriges und weitläufiges Gelände mit der damaligen Ausrüstung bewältigen zu können. Die Bergsteiger von 1912 brauchten Wochen, um eine endlose Stufenleiter in die Karstens Ridge zu schlagen....

Jon Waterman durchsuchte nun gemeinsam mit einem der erfahrensten Bergführer am Denali, Brian Okonek, die alten Bilder der 1912 Expedition von LaVoy, scannte und vergrößerte die infrage kommenden Fotos. Auf einem ist in einer Vergrößerung von 400 % eindeutig die Fahnenstange von
1910 zu erkennen.
Als weiteren Beweis konnte Jon Waterman die originalen "Steigeisen" der Sourdough Expedition in einem Museum der Nationalpark Behörde ausfindig machen. Nach 22 Jahren im Eis des Muldrow Gletschers wurden diese gefunden und in einem Museum ausgestellt. Verblüffender Weise hatten diese Steigeisen 9 Zacken, ein "Bodenblech" und waren rostfrei galvanisiert. Allein die Produktion dieser Steigeisen beweist die detailierte Planung dieser Expedition.

Die ganze Geschichte kann man im Buch "Chasing Denali" von Jon Waterman genau nachlesen.
ISBN 978 1 4930 3519 9


Pflichtlektüre für alpinhistorisch interessierte Leser!














Donnerstag, 8. August 2019

Alpin Journal: Der Alpenverein als alpine Regelungsbehörde - wo l...

Alpin Journal: Der Alpenverein als alpine Regelungsbehörde - wo l...: Der Alpenverein als alpine Regelungsbehörde - wo liegen die Grenzen dieses Grössenwahns? Kürzlich hatte ich es gewagt, ohne dem Sanktus un...

Der Alpenverein als alpine Regelungsbehörde - wo liegen die Grenzen dieses Grössenwahns?

Der Alpenverein als alpine Regelungsbehörde - wo liegen die Grenzen dieses Grössenwahns?

Kürzlich hatte ich es gewagt, ohne dem Sanktus unserer obersten Regelungsbehörde, sprich Alpenvereines in Innsbruck, in einem Klettersteiggarten in Gosau am Dachstein einen schwierigen Klettersteig im Grad G zu eröffnen. Siehe Bergsteigen.com/Gosauschmiedhammer

im Gosauschmiedhammer, Bild: Bergsteigen.com

Mehr hat es nicht gebraucht. Innerhalb kürzester Zeit war ich am sozial Medien Pranger einem tsunamiartigen Sturm an Meldungen ausgesetzt. Die oberste AV Regelungsbehörde in Innsbruck war nicht untätig gewesen, und in ihrer lückenlosen Überwachung der Bergsteiger wurde unser Klettersteig "Gosauschmied Hammer" mit der unglaublichen Länge von ca. 20 m im Schwierigkeitsgrad G erfasst.

Ohne Rückfrage wurde ich sofort via Medien "ersucht", den Klettersteig rück zu bauen und somit aus dem Klettersteiggarten zu entfernen.
steil im Gosauschmied Hammer, F/G

Jeder normal denkende Mensch wird sich da sofort fragen, ist es denn überhaupt Sinn und Aufgabe des Alpenvereines, über seine Mitglieder und deren Aktivitäten zu wachen und - bei nicht genehmen Verhalten - sofort mit Sanktionen und Drohungen zu agieren?

Dämmert die Freiheit des Bergsteigens heran?
Dieses Verhalten der Verantwortlichen Personen im Hauptverband des AV in Innsbruck erinnert mich stark an die Diskussionen anlässlich der "Tirol Deklaration" vor vielen Jahren. Der Alpenverein hat damals ein Regelwerk verfasst und sich flugs sogleich als oberster Hüter einer "Alpinmoral" aufgeschwungen. Bergsteiger und solche die es gerne wären wurden darin aufgefordert, sich genehm den Strategen in Innsbruck zu verhalten, ansonsten drohe der Bann durch die mächtigen AV Funktionäre!

Selbstverständlich haben wir uns im Inneren Salzkammergut nicht den Wünschenn einer Funktionärsklüngel in Innsbruck gefügt. Im Gegenteil. Das Salzkammergut ist schon seit Jahrhunderten als eine Bergregion bekannt, in der sich die Bevölkerung immer gegen die Mächtigen behauptet hat.



ich lasse mich nicht Gängeln, schon gar nicht vom AV in Innsbruck


Der Klettersteig Gosauschmiedhammer im Klettersteiggarten beim Gosauschmied Stausee wird natürlich nicht zurück gebaut.






Mittwoch, 5. September 2018

Alpin Journal: Das Ende der "Freiheit" in den Bergen der Alpen!

Alpin Journal: Das Ende der "Freiheit" in den Bergen der Alpen!: Es ist soweit! Die vielbesungene Freiheit in den Bergen der Alpen ist Vergangenheit. Was ist passiert? Schon seit Jahren geistern immer w...

Das Ende der "Freiheit" in den Bergen der Alpen!


Es ist soweit! Die vielbesungene Freiheit in den Bergen der Alpen ist Vergangenheit. Was ist passiert?

Schon seit Jahren geistern immer wieder Meldungen über überfüllte Gipfel durch die Medien. Besonders "ausgezeichnete" Gipfel - wie etwa "der Höchste", "der Schönste", "der Schwierigste" - sind da gefährdet von Menschenmassen überrant zu werden.  Nicht nur im Alpenraum. So werden auf den diversen Achttausender "Normalwegen" Jahr für Jahr immer mehr "Bergsteiger-Touristen" gezählt.
der technisch leichte Normalweg am Mt. Blanc zieht Menschenmassen magisch an

So war es schon seit Jahren, etwa am Matterhorn in Zermatt, gängige Praxis, dass der Hüttenwirt seine Gäste in der Nacht in der Hütte einsperrte, um sie "häppchenweise" nach einer genauen Rangordnung zur Besteigung am Morgen wieder zu befreien. Mit dieser Methode sollten Unfälle verringert werden....

Am meisten Probleme gab es allerdings in den letzten Jahren immer mehr verstärkt im Mt. Blanc Gebiet, bzw. am höchsten Gipfel der Alpen selbst. Hunderte sogenannte Bergsteiger belagern in der Hochsaison im August t ä g l i c h den Berg. Insider wissen von dem Problem schon lange, und versuchten diese "Stosszeiten" zu umgehen, und auf weniger turbulente Besteigungszeiten aus zu weichen.

Die Hütten auf den diversen Normalwegen des, auch "Monarch" genannten, höchsten Berges der Alpen waren auf allen Seiten - ob von Chamonix, St. Gervais, oder von der italienischen Seite in der Hauptsaison ständig überfüllt. Nun haben besonders  Bergsteiger aus den ehemaligen Ostblockstaaten natürlich versucht, den überfüllten und konsequenter Weise überteuerten Hütten, auszuweichen. Dadurch entstanden "wilde" und "halbwilde", von den Behörden notgedrungen tolerierte, "wilde Campingplätze" in Hüttennähe - natürlich mit den sattsam bekannten sanitären Umweltproblemen.


die Vallot Hütte am Bossgrat, eigentlich nur Notunterkunft, wird oft als Biwak missbraucht

Im vergangenen Sommer verstärkte, eine für im Alpen Nordstau gelegene Gegend, "unwirklich lange" stabile Schönwetterphase noch den Ansturm. Es kam in der Folge auch zu diversen "Handgreiflichkeiten" unter den "Bergsteigern".

Dies veranlasste nun die Bürgermeister der Umgebungsgemeinden entgültig zur Einfühurng eines "Permittsystems". Dabei geht es nicht um Geld, sondern um ein Steuern der Menschenmassen am Berg. Offenbar will man, wie in manchen Nationalparks der USA oder in Neuseeland, den Zugang in dem Maße steuern, wieviele Menschen im entsprechenden Gebiet sind. Ist die Quote voll, so wird gesperrt und erst wenn jemand wieder herausgeht, kann der Nächste wieder hinein.
ob die ergriffenen Massnahmen etwas nützen wird die Zukunft zeigen

Wie hoch diese Quote am Mt. Blanc sein wird, wird derzeit evaluiert. Ich denke, dass man sich dabei an der Kapazität der Hütten orientieren wird, da das wilde und halbwilde Campen per sofort absolut verboten wurde.

Ein weiteres Problem ist sicher der Arbeitsrechtliche Bereich für die rund 2000 Bergführer alleine im Tal von Chamonix. Wird es Unterschiede zwischen Permits für Bergführer und Permits für "Führerlose Seilschaften" geben? Alles nicht leicht zu lösende Aufgaben für die Behörden im Tal.

Im Himalaja hat das Permitsysem zu keiner Lösung des Problems beigetragen - im Gegenteil. Durch Korruption und ständigen Änderungen im System wurden die Bergsteiger eher verunsichert. Auf der anderen Seite funktioniert ein Permitsystem scheinbar in den USA und Neuseeland - zumindest in den Ansätzen. 

Durch den Ansturm von zuvielen Menschen zur selben Zeit, hat sich damit die "Freiheit in den Bergen" von selbst erledigt. Ab einer gewissen Zahl von Menschen muss man einfach mit Regelungen eingreifen, so leid es uns Bergsteigern auch tut.

Sonntag, 10. Juni 2018